Er stammt von Lkw, Schiffsmotoren und Kohleöfen: schwarzer Ruß. Eine neue Studie zeigt, dass er einen deutlich größeren Einfluss auf die Erderwärmung hat als angenommen. Doch ihn einfach zu eliminieren, wirft neue Fragen auf.

Stuttgart - Ruß beeinflusst das Klima wesentlich stärker als angenommen – das ist das Fazit eines 232 Seiten langen Berichts im Fachmagazin „Journal of Geophysical Research“. 31 Wissenschafter aus aller Welt werteten vier Jahre lang die wichtigsten Studien über die Wirkung des „schwarzen Kohlenstoffs“ auf die Atmosphäre aus und ermittelten daraus quantitative Abschätzungen. Demnach wärmt Ruß die Luft ungefähr doppelt so stark wie noch im letzten Bericht des UN-Klimarats aus dem Jahr 2007 angenommen.

 

Was die vom Menschen verursachte Erwärmung der Atmosphäre angeht, ist Ruß wahrscheinlich sogar wirksamer als das Treibhausgas Methan – und wird allein von Kohlendioxid übertroffen. Die Forscher kommen für Ruß auf eine Heizleistung pro Quadratmeter, die vermutlich zwischen 0,2 und 2,1 Watt liegt, am wahrscheinlichsten bei 1,1 Watt – das sind ungefähr zwei Drittel des Wertes für CO2. Am stärksten erwärmen sich durch Ruß die mittleren und hohen Breiten der Nordhalbkugel.

Da er so schwarz ist, schluckt Ruß den größten Teil des Sonnenlichts – diese Absorption war bisher in vielen Klimamodellen zu schwach. Der Ruß erwärmt dann auch seine Umgebung. Im Winter färbt er außerdem Schnee und Eis dunkel und trägt so dazu bei, dass sie schneller schmelzen. Das passiert selbst weit entfernt von menschlichen Siedlungen, zum Beispiel in der Arktis. Außerdem beeinflusst Ruß die Wolken. Die Wirkung auf die Wassertröpfchen und Eispartikel der Wolken ist allerdings so verzwickt, dass Forscher noch nicht sicher sagen können, ob das Klima dabei erwärmt oder gekühlt wird.

Immerhin weiß man, woher der Ruß kommt

Unterschätzt wurde auch die Stärke der Emissionen. Dem Bericht zufolge entstanden im Jahr 2000 ungefähr 7,5 Millionen Tonnen Ruß beim Verfeuern kohlenstoffhaltiger Brennstoffe. Die Autoren sind sich bei der Höhe der Emissionen aber nicht sicher: Die Spanne plausibler Werte reicht von 2 bis 29 Millionen Tonnen. Die Ungewissheit komme unter anderem daher, dass die Entstehung von Ruß bei der Verbrennung von vielen Faktoren abhänge, so der Mitautor Martin Schultz vom Forschungszentrum Jülich: Die Luftzufuhr, die Feuchtigkeit des Brennstoffs und die Struktur des Materials spielten eine Rolle. Zu diesen Faktoren gibt es noch nicht genug Daten.

Immerhin weiß man, woher der Ruß kommt: In modernen Industrieländern entsteht er vor allem beim Verbrennen von Diesel in Lkws und Schiffen. In Entwicklungsländern produzieren primitive Heizöfen für Kohle oder Holz den meisten Ruß. Zur Emission tragen aber auch veraltete Kohlekraftwerke und Waldbrände bei.

In der überraschend großen Wirkung von Ruß auf das Klima sehen die Autoren auch eine Chance. Die Resultate lieferten einen starken Anreiz, weniger Brennstoffe zu verfeuern, die reich an Kohlenstoff sind. Ruß wurde im Kyoto-Protokoll nicht berücksichtigt. Ganz so einfach ist es mit dem Klimaschutz allerdings nicht, denn aus vielen Quellen für Rußpartikel strömen auch Substanzen, die das Klima kühlen – etwa schwefelhaltige Partikel, die im Fachjargon Aerosole genannt werden. Erwärmung und Kühlung heben sich damit auf, so dass für das Klima nichts gewonnen wäre, würden diese Rußquellen zum Erliegen gebracht.

Die Autoren der Studie haben schon die günstigsten Optionen für den Klimaschutz ermittelt. Verringert werden sollten demnach Rußquellen, bei denen keine oder wenige kühlende Aerosole freigesetzt werden. Es sei auf jeden Fall sinnvoll, den Rußausstoß von Dieselmotoren und häuslichen Holz- und Kohlefeuern zu reduzieren – das nutze sowohl der Gesundheit als auch dem Klima, sagt der Mitautor Piers Forster von der britischen Universität Leeds.