Das untere Klingenbachtal war einst verwildert und unzugänglich. Jetzt wird es zu einem neuen Park umgestaltet.

S-Ost - Vorne zur Landhausstraße hin ein paar verträumte Kleingartenanlagen, dahinter der reinste Urwald. Unkontrolliert wuchernde Büsche und Sträucher, Dornengestrüpp, mannshohes Unkraut, Müll, sogar Überreste verbrannter Wohnhäuser und ein alter Bunkereingang aus dem 2. Weltkrieg – das untere Klingenbachtal im Stuttgarter Osten war wahrlich keine Schönheit, rund 3500 Quadratmeter ungenutzte und verwahrloste Naturfläche zwischen Landhaus-, Hornberg- und Talstraße. Seit Oktober wird das Gelände saniert, aus dem einstigen Dschungel soll eine schöne Parkanlage für Jung und Alt werden. Zusammen mit der bereits bestehenden Anlage im oberen Klingenbachtal entsteht so eine durchgängige Grünfläche zwischen der Wagenburgstraße und dem unteren Ende der Hornbergstraße.

 

„Es war wirklich eine wilde Gegend“, erinnert sich der Bezirksingenieur Karl-Heinz Lehrer. Der Landschaftsarchitekt vom städtischen Garten-, Friedhofs- und Forstamt ist zuständig für alle öffentlichen Grünflächen im Stuttgarter Osten. „Das hat viel Mühe gekostet, das Gelände erst einmal so zugänglich zu machen, dass man überhaupt die Topographie erheben konnte“, erzählt der 49-Jährige. Mittlerweile ist die wilde Vegetation aber den Baggern gewichen, das Gelände wurde planiert, die Anfänge eines geschwungenen Pflasterweges schlängeln sich von oben Richtung Neckar hinab. Links und rechts davon sind ein paar kleine Birken gepflanzt, eine Metallrutsche wurde am Hang angebracht, weitere Baumaterialien und -geräte warten auf ihren Einsatz.

Fertig ist es noch lange nicht, aber schon jetzt ist erkennbar, wie das untere Klingenbachtal nach der Sanierung einmal aussehen könnte. „Ich sehe ein schönes grünes Tal, das für die Bürger zugänglich ist“, beschreibt Karl-Heinz Lehrer seine Vision. Geplant sei der Parkteil aber nicht nur als ruhige Grünanlage zum Spazierengehen und Verweilen. „Wir wollen, dass man in Bewegung kommt“, so der Bezirksingenieur. Neben einer ebenen Grasfläche, auf der Fuß- oder Federball gespielt werden kann, wird es einen Kletterfelsen geben. Entlang des Weges will die Stadt außerdem sogenannte Mehrgenerationengeräte aufstellen, Bewegungsapparate für alle Altersgruppen, an denen man zu kleinen Übungen wie beispielsweise zum Hüftkreisen animiert wird.

In einem solchen Multifunktionspark darf natürlich auch ein wenig Kunst nicht fehlen. Deshalb wird in einer Böschung ein acht auf zwei Meter großes Relief mit dem Motiv einer Kuhherde installiert, das bis zu dessen Abriss im Jahr 1998 am Kühlhaus des ehemaligen Stuttgarter Schlachthofs prangte. Bei allen vielversprechenden Ideen sieht der Chefplaner Karl-Heinz Lehrer aber auch ein Manko: „Leider wird der neue Parkteil nicht durchgängig behindertengerecht sein“, so der 49-Jährige. Es sei ein Höhenunterschied von 13 Metern zu überwinden, was sich nur mit vielen Stufen bewerkstelligen lasse.

Bis die ersten Baumaschinen im unteren Klingenbachtal rollen konnten, war es ein weiter Weg. Bereits im Jahr 1999 hatte die Stadt in ihrem Bebauungsplan beschlossen, die bestehende Klingenbachanlage Richtung Gaskessel zu verlängern und das untere Tal zu sanieren. Schwierig gestaltete sich aber die Einigung mit den ansässigen Kleingärtnern. Ein schmaler Fußweg wurde von der Landhausstraße durch deren Anlagen hindurch zum späteren Parkgelände gebaut. Nach der Sanierung wird dieser die Verbindung zwischen der bisherigen und der neuen Anlage sein, weshalb die Gärtner aufgrund der dann höheren Frequentierung Angst vor Vandalismus haben. „Die Stadt hat die Kleingärtner deshalb bei der Absicherung ihrer Grundstücke unterstützt, zum Beispiel durch das Aufstellen von Zäunen“, erzählt Lehrer.

Auch über das am Anfang des Weges angebrachte Tor sei gesprochen worden. Bisher dürfen die Kleingärtner dieses aufgrund der witterungsbedingten Verletzungsgefahr den ganzen Winter über abschließen. Bliebe das auch weiterhin so, wäre dies eine gewisse Einschränkung der Zugänglichkeit des neuen Parkteils. Über bessere Lösungen für die Zukunft werde nachgedacht, so der Bezirksingenieur.

Acht Wochen reine Bauzeit werden noch benötigt, falls das Wetter mitspielt, soll der zweite Parkteil um Ostern herum eröffnet werden. Rund 390 000 Euro wird das Projekt am Ende voraussichtlich gekostet haben. „Das untere Klingenbachtal ist Teil des städtischen Sanierungsgebiets“, sagt Karl-Heinz Lehrer. „Aus diesem Grund werden die Kosten nicht wie sonst üblich in vollem Umfang von der Stadt übernommen, sondern mit 60 Prozent aus Mitteln des Bund-Länder-Sanierungs- und Entwicklungsprogramms bezuschusst.“ Er selbst freue sich schon sehr darauf, wenn in ein paar Monaten alles vollendet sei. Lehrer: „Ich glaube, das wird eine gute Kiste dort unten.“