Bernd Klingler soll die AfD im Stuttgarter Gemeinderat salonfähig machen. Doch der liberale Überläufer hat den letzten Rest Glaubwürdigkeit verloren, kommentiert StZ-Redakteur Thomas Braun.

Stuttgart - Am Ende war der Leidensdruck wohl zu groß, die persönliche Verletzung zu tief. Bernd Klingler, der geschasste FDP-Fraktionschef, gegen den die Staatsanwaltschaft nach Hinweisen der eigenen Stadtratskollegen ermittelt, sah keine Alternative zum Fraktions- und Parteiaustritt. Die ohnehin nach der Kommunalwahl auf ein Minimum zusammengeschmolzene Stuttgarter FDP-Ratsfraktion hat er damit zur Bedeutungslosigkeit verdammt – nach dem Motto: Rache ist süß.

 

Lange Zeit war der gern in den alten liberalen Farben Gelb und Blau gewandete Werbefachmann eine One-Man-Show. Ihm hatte die FDP zu wesentlichen Teilen ihr Überleben im Gemeinderat zu verdanken. Und nun das: der „Urliberale“ (Klingler über Klingler), der mitunter selbst zum Populismus neigt, teilt künftig mit ausgewiesenen Rechtspopulisten wie dem AfD-Stadtrat Heinrich Fiechtner die Ratsbank.

Den Ältestenrat im Auge

Schon seine Vorgängerin Rose von Stein war aus Frust übergelaufen – zu den Freien Wählern, deren Inhalte mit der FDP häufig deckungsgleich waren und sind. Bei der AfD dagegen geben zunehmend nationalkonservative Kräfte den Ton an, die in Sachen Flüchtlings- und Familienpolitik jegliche Liberalität vermissen lassen.

Offenbar war es dem ehrgeizigen Klingler aber vor allem wichtig, weiterhin im Konzert der Fraktionschefs im Ältestenrat mitspielen zu dürfen. Dieses Amt hat er nun zwar wieder, mit seinem Übertritt zur AfD aber hat er den letzten Rest Glaubwürdigkeit verloren – und seine Garderobe kann er jetzt wegwerfen.