Zehn Kliniken in den drei Landkreisen Karlsruhe, Ludwigsburg und Enzkreis haben sich zur größten Klinik-Holding in Baden-Württemberg zusammengeschlossen. Die Kooperation bringt Synergieeffekte in vielen Bereichen.

Ludwigsburg - Kooperation gilt vielen Landräten als Heilmittel gegen das in den Kreiskliniken grassierende Defizit. Der bundesweit größte Zusammenschluss von Kreiskliniken ist die Regionale Kliniken Holding RKH GmbH mit Sitz in Ludwigsburg. Unter ihrem Dach versammeln sich zehn Kliniken aus dem badischen und württembergischen Landesteil, Träger sind die Landkreise Ludwigsburg, Enzkreis und Karlsruhe. Finanziell unter Druck, hatten Landräte und Kreisparlamente eine Kooperationsform gesucht, die Kosteneinsparungen und Synergieeffekte bringt, jedoch den politischen Einfluss auf das Krankenhaus als wichtigen Standortfaktor erhält. Die Kreiskliniken sind wirtschaftlich eigenständige Tochtergesellschaften, Defizite müssen jeweils die Landkreise tragen.

 

Der Grundstein wurde 1994 durch den Zusammenschluss der Kliniken des Kreises Ludwigsburg mit dem Städtischen Krankenhaus Bietigheim gelegt, 2005 ging der Enzkreis die strategische Partnerschaft mit dem Kreis Ludwigsburg ein, die Holding wurde gegründet. 2007 kam die Orthopädische Klinik Markgröningen als hundertprozentige Tochter der Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim gGmbH dazu, die Karlsruher Kreiskliniken folgten 2009.

Damit sind die Grenzen des Wachstums erreicht. „Eine weitere Expansion könnten wir derzeit nicht stemmen“, sagt der kaufmännische Geschäftsführer der Holding, Peter Steiner und verweist auf die noch nicht abgeschlossene Anpassung der Strukturen und Arbeitsabläufe in den Karlsruher Kreiskliniken und auf Holdingebene. „Wir sind noch in der Konsolidierungsphase“, sagt Steiner.

Kosten sparen durch gemeinsame Verwaltung und Einkauf

Für den Geschäftsführer liegen die Vorteile auf der Hand: Das Management von Verwaltung und Versorgung, wie etwa Einkauf, Küche, Lager, Apotheke und EDV sind zentral bei der Holding angesiedelt. Das bringe Synergieeffekte, Kosteneinsparungen und Spezialwissen, das sich kleine Krankenhäuser so nicht leisten könnten. Im Controlling etwa gibt es Verhandlungsmanager, die spezialisiert sind auf die Budgetverhandlungen mit den Krankenkassen. Einsparpotenziale und Möglichkeiten zur Prozessoptimierung erstrecken sich auch auf den medizinischen Bereich. Das Labor wird zentral geführt, aber die „Laborfilialen vor Ort“ profitieren durch Spezialisierung und gleiche Standards, etwa bei der Hygiene und Mikrobiologie sowie vom kostengünstigen Großeinkauf von Laborbedarf. Gleiches gilt für die Anästhesie. Jede Klinik hat ihre eigene Anästhesie mit Chef- und leitenden Ärzten, aber es gibt einen Austausch über Therapie, Verfahren und Geräteeinsatz.

Ein weiterer Vorteil: „ Die Holding ist als Arbeitgeber sehr attraktiv“, sagt Peter Steiner und verweist auf die zehn Kliniken mit ihren Spezialbereichen. Rotationen, etwa bei der Weiterbildung, seien für Ärzte aufgrund der Vielfalt interessant. Ebenso sei das Fort- und Weiterbildungsangebot insgesamt sehr umfassend.

Strukturelle Unterfinanzierung frisst Einspareffekte auf

Trotz aller Synergieeffekte kämpfen auch die Kliniken in der Holding mit der strukturellen Unterfinanzierung. Der RKH-Geschäftsführer Steiner fordert deshalb, wie seine Kollegen landauf, landab, als Soforthilfe von der Politik, dass das Finanzierungssystem für Krankenhäuser überarbeitet wird. Immerhin schreiben die Kreiskliniken Ludwigsburg und Karlsruhe im laufenden Betrieb keine roten Zahlen. Der Landrat des Enzkreises, Karl Röckinger, aber befürchtet nach anfänglichen Einsparerfolgen steigende Defizite. 3,6 Millionen Euro steuerte der Kreis 2012 bereits für den Betrieb bei.

Erstmals seit Bestehen der Holding wurde im September 2012 eine Klinik geschlossen, die Geriatrische Rehabilitation (38 Betten) in Ludwigsburg. Der Landrat Rainer Haas, zugleich Aufsichtsratsvorsitzender der Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim und der RKH, begründet dies mit einem jährlichen Defizit von rund 500 000 Euro. Innerhalb der RKH biete Mühlacker (Enzkreis) ein entsprechendes Angebot.

Gesamtkonzept für mehr Kooperation im medizinischen Bereich

Die Kosten für Investitionen kann keine Gesellschaft mehr erwirtschaften. Im Gegenteil: Der Kreis Ludwigsburg hat den Zuschuss für Investitionen, Zins und Tilgung 2013 von 5,3 auf 9,4 Millionen Euro aufgestockt, dasselbe gilt für den Kreis Karlsruhe – von 2,9 auf 4,2 Millionen Euro. Der Enzkreis schoss in 2012 rund 3,6 Millionen nach. Der Karlsruher Landrat Christoph Schnaudigel begründet die Aufstockung mit dem Neubau in Bretten für 50 Millionen Euro. Eine Sanierung hätte genauso soviel gekostet. Im neuen Haus wird die Bettenzahl von 160 auf 120 reduziert, eine künftige Spezialisierung (Bauchchirurgie) abgestimmt mit dem 15 Kilometer entfernten Krankenhaus in Bruchsal (Unfallchirurgie).

Dafür muss Bretten die Geburtshilfe schließen. Dies sei, sagt Schnaudigel, eine Bedingung des Sozialministeriums gewesen. Die Frauen werden ans rund 20 Kilometer entfernte Krankenhaus Mühlacker (Enzkreis) verwiesen. Hier wird bereits der Grundgedanke eines künftigen medizinischen Gesamtkonzepts vorweggenommen: Abstimmung und Vernetzung des Leistungsspektrums in den zehn Kliniken der Holding.

Allen drei Landräten ist klar, dass dies der nächste Schritt sein muss. Für den Ludwigsburger Kreischef Haas ein „spannender Prozess“, für Landrat Röckinger ein „Aufbruchimpuls“. Im Mai kommt ein neuer Medizinischer Geschäftsführer. Professor Jörg Martin reizt es, das Konzept für die Holding zu erstellen und die Gremien davon zu überzeugen, „schlankere Strukturen für schnelle Entscheidungen“ zu schaffen. Die Kliniken müssten sich ergänzen und nicht Konkurrenz machen. Ob dieser Prozess aber dazu führen wird, dass die Kommunalparlamente ihre Entscheidungshoheit abgegeben, steht in den Sternen.

Überleben durch Größe

Die Regionale Kliniken Holding RKH GmbH ist die strategische Dachgesellschaft für die drei wirtschaftlich eigenständigen Töchter. Ihre Aufgabe ist es, zentral sämtliche Managementleistungen (von Geschäftsführung bis EDV) zu erbringen. Das Labor ist zentral angesiedelt und auch die Fort- und Weiterbildung wird von der Holding geleistet.

Die drei Landkreise Ludwigsburg, der Enzkreis und Karlsruhe haben ihre Kliniken als Tochtergesellschaften in die Holding eingebracht. Die hoch spezialisierte OKM Orthopädische Klinik Markgröningen gehörte einst dem Landeswohlfahrtsverband. Nach dessen Auflösung ist sie eine hundertprozentige Tochter der Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim gGmbH.

Der Verbund hat 2622 Planbetten und 7564 Mitarbeiter. Behandelt wurden in zehn Häusern stationär 109 988 Fälle, ambulant 275 228 (2011). Das Klinikum Ludwigsburg ist das größte: 974 Planbetten, 41 201 stationäre und 119 022 ambulante Fälle. Das kleinste ist das Vaihinger Krankenhaus: 60 Betten, 2801 stationäre und 10 267 ambulante Fälle.