Die Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim wollen transparenter werden. Als neue Mitglieder der Initiative Qualitätsmedizin werden sie künftig Daten über die Qualität ihrer medizinischen Leistungen im Internet veröffentlichen – auch solche, die wehtun.

Ludwigsburg - Bei der Behandlung chronischer Lungenerkrankungen sind die Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim nicht gerade die beste Adresse – das zumindest suggerieren die Ergebnisse der Initiative Qualitätsmedizin (IQM). Diesen zufolge starben dort im vergangenen Jahr 8,2 Prozent der Patienten mit dieser Diagnose. Der Durchschnitt aller rund 250 Mitglieder der IQM liegt dagegen nur bei 3,9 Prozent. Kein Ergebnis also, mit dem sich das Ludwigsburger Klinikum brüsten könnte. Dennoch sollen künftig auch solche Daten im Internet veröffentlicht werden – um die Motivation zu erhöhen, sich zu verbessern.

 

Qualität der Leistungen wird im Internet veröffentlicht

Als Mitglieder der IQM mussten sich die Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim, zu denen auch die Krankenhäuser in Marbach und Vaihingen/Enz gehören, verpflichten, anhand von Routinedaten die Qualität ihrer Leistungen zu überprüfen, die Ergebnisse im Internet zu veröffentlichen und an so genannten Peer-Review-Verfahren teilzunehmen. Letztere werden laut Christian Rohn, dem Geschäftsführer der IQM, anberaumt, wenn ein Krankenhaus in einem Bereich negativ auffällt. Dann würden drei Chefärzte anderer Kliniken geschickt, die die Akten verstorbener Patienten analysierten und dadurch einen Einblick in die Behandlungsprozesse bekämen. Anschließend werde darüber diskutiert, was man verbessern könne.

Die IQM habe sich entschieden, die Qualität anhand der Sterblichkeitsraten bei der Behandlung der verschiedenen Krankheitsbilder zu messen, sagt Christian Rohn. „Der Tod ist ein hartes Kriterium, daran kann nicht manipuliert werden“, erklärt der Geschäftsführer. Man gehe davon aus, dass bei auffälligen Mortalitätsraten einige Komplikationen bei den Behandlungen zusammengekommen sein müssten. Diese würden dann über die Analyse der Akten Verstorbener rekonstruiert – um sie in Zukunft vermeiden zu können.

Hauptkriterium ist die Zahl der Todesfälle

Dementsprechend beziehen sich die im Netz einsehbaren Qualitätsergebnisse fast ausschließlich auf die Sterblichkeitsraten. Wer beispielsweise wissen will, wie das Ludwigsburger Klinikum bei der Behandlung von Herzinfarkten dasteht, erfährt, dass dort 7,4 Prozent der Patienten mit dieser Diagnose im Jahr 2012 gestorben sind, während der Durchschnittswert der IQM-Mitglieder bei acht Prozent liegt. Diese Daten dürften Patienten, die sich über die Qualität eines Krankenhauses informieren wollen, allerdings nicht viel weiter bringen. Das sei aber auch gar nicht das Ziel, sagt Rohn: „Wir wollen die medizinische Behandlung verbessern.“

Matthias Einwag, Verbandsdirektor der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft (BWKG), hält das Vorgehen für sinnvoll: „Es zeigt sich immer wieder, dass die Qualität allein dadurch steigt, dass man sie thematisiert“, sagt er. Das bestätigten auch wissenschaftliche Studien. Daher begrüße die BWKG jegliche Mitgliedschaften der Krankenhäuser in Qualitätsinitiativen. Auch wenn die reinen Daten den Patienten nicht viel sagten, so profitierten sie doch vom steigenden Qualitätsniveau. Allerdings zeichneten sich Kliniken in Deutschland ohnehin durch vergleichsweise hohe Qualität und große Transparenz aus. Das sei nicht zuletzt eine Folge der gesetzlichen Vorgabe, jährlich einen Qualitätsbericht zu veröffentlichen.

In Ludwigsburg habe man ohnehin schon Erfahrung im Qualitätsmanagement, sagt Alexander Tsongas, der Sprecher der Regionalen Klinikenholding, zu der auch das Klinikum Ludwigsburg-Bietigheim gehört. Man sei schon seit 2007 Mitglied der Qumik, eines Zusammenschlusses zur Optimierung der Abläufe in kommunalen Krankenhäusern im Land. Der Wechsel zum IQM sei im Jahr 2011 kollektiv von allen Qumik-Mitgliedern beschlossen worden. „Die IQM ist einfach die Nummer eins beim aktiven Fehlermanagement“, sagt Tsongas. Und genau dieses wolle der Klinikenverbund verstärkt angehen.

Kommentar: Transparenz für Fachkreise

Es ist mutig, zu sagen, wo es nicht läuft und die Fehler auch noch im Internet zu veröffentlichen. Dass die Kliniken Ludwigsburg-Bietigheim dies über die Initiative Qualitätsmedizin (IQM) systematisch angehen wollen, zeigt, dass sie ein echtes Interesse daran haben, die eigenen Leistungen zu verbessern. Zumal Fehler im medizinischen Bereich ein besonders sensibles Thema sind, geht es doch um die Gesundheit der Menschen.

Wer sich allerdings auf den Seiten der IQM umschaut, merkt schnell, dass diese Daten für den Laien wenig aussagekräftig sind. Denn das Hauptkriterium – und in den meisten Fällen auch das einzige Kriterium – für die Qualität bei der Behandlung einer Krankheit ist die Sterblichkeitsrate. Diese hilft einem Patienten, der wissen will, wie eine Klinik bei der Behandlung bestimmter Beschwerden abschneidet, kaum weiter. Im Zweifelsfall schreckt sie ihn nur ab – wie vermutlich im Falle der chronischen Lungenerkrankungen im Ludwigsburger Klinikum. Denn hier sind im vergangenen Jahr überdurchschnittlich viele Patienten mit dieser Diagnose verstorben. Allerdings könne das auch daran liegen, dass die Patienten insgesamt älter oder kränker waren, teilt das Klinikum mit. Das aber erfährt der Patient im Qualitätsbericht gar nicht.

Für medizinische Fachkreise mag die Veröffentlichung der Mortalitätsraten ein Durchbruch sein und ein gutes Instrument, um sich zu verbessern. Wenn damit die Qualität der Behandlungen steigt, ist das nur zu begrüßen. Aus Patientensicht wäre es jedoch wünschenswert, wenn dies nur ein Schritt in Richtung mehr Transparenz wäre, dem weitere folgen. Letztlich dürften die Kliniken selbst angesichts zunehmenden Konkurrenzdrucks auch ein Interesse daran haben, ihre Qualitäten allgemein verständlich darzustellen.