Die Ambulanzen im Klinikum Stuttgart machen zehn Millionen Euro minus im Jahr. „Jeder Notfallpatient ist ein Zuschussgeschäft“, sagt Geschäftsführer Ralf-Michael Schmitz. Über die Zukunft des Servicepersonals wird gestritten.

Lokales: Mathias Bury (ury)

Stuttgart - Die Notaufnahmen in den Krankenhäusern erfreuen sich großer Resonanz. In den Abendstunden und an den Wochenenden ist in den Einrichtungen mächtig was los. Sehr zur Freude der Kliniken, möchte man meinen. Doch weit gefehlt. Die Notaufnahmen, die auch in einigen Stuttgarter Häusern in den vergangenen Jahre ausgebaut und interdisziplinär ausgerichtet wurden, sind stark defizitär. „Jeder Notfallpatient ist ein Zuschussgeschäft“, sagt Ralf-Michael Schmitz, der Geschäftsführer des städtischen Klinikums. „Wir bekommen pro Fall 32 Euro und legen 88 Euro drauf.“

 

Schon seit geraumer Zeit klagt die Deutsche Krankenhausgesellschaft, dass die Notfallaufnahmen in den Häusern zu Lückenbüßern für die eigentlich zuständigen Bereitschaftsdienste der Kassenärztlichen Vereinigungen geworden seien. „Die Wartezeiten bei den Niedergelassenen steigen“, sagt Ralf-Michael Schmitz. „Da geht man eben ins Krankenhaus.“

Wölfle und Co. wollen Irritationen beseitigen

Die Aussage war Teil einer Information über die wirtschaftliche Lage des städtischen Klinikums, über externe und hausgemachte Ursachen für das aktuelle Defizit. Dieses lag im Vorjahr bei 17 Millionen Euro, könnte dieses Jahr aber sogar auf 24 Millionen Euro steigen (wir berichteten). Dabei machen die Ambulanzen insgesamt zehn Millionen Euro an dem Fehlbetrag aus.

Neben der Erläuterung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ging es Schmitz und Krankenhausbürgermeister Werner Wölfle (Grüne) auch darum, Irritationen zu beseitigen, die entstanden, nachdem Details einer Streichliste bekannt geworden waren. So macht Schmitz deutlich, dass man nicht daran denke, die Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie zu schließen. Das aufgelaufene Defizit, das alleine in diesem Bereich 1,5 Millionen Euro beträgt, gehe eben auf die dortige Ambulanz zurück. Es würden dort „Tag und Nacht jede Menge zahnärztliche Leistungen erbracht“, sagte Schmitz. Dafür zahle jeder Zahnarzt nur 50 Euro im Jahr. In Verhandlungen mit der Kassenzahnärzlichen Vereinigung will der Geschäftsführer hier nun eine Verbesserung erreichen. Und nicht nur die zentrale Notaufnahme im Katharinenhospital (KH) soll auf den Prüfstand, auch die Ambulanzen im Kinderhospital Olgäle will man nochmals unter die Lupe nehmen. Deren Defizit, das vor wenigen Jahren noch bei rund 6,5 Millionen Euro lag, konnte man zwar senken, es liege aber immer noch bei etwa drei Millionen Euro. Die Kinderkardiologie und die Dialyse, die mit der Erwachsenendialyse im KH zusammengelegt werden könnte, stehen weiter auf der Prüfliste. Schmitz und Wölfle bekannten sich trotz des Defizits aber ausdrücklich zur Kinderonkologie, setzen aber auf eine stärkere Unterstützung durch Spenden. „Wir werden in Zukunft auch Spenden brauchen, damit es überhaupt noch eine Kinderonkologie gibt“, sagte Werner Wölfle.

Das Labor in Bad Cannstatt ist auf der Streichliste

Während die Palliativstation, die sich nicht rechnet, bestehen bleiben dürfte, befinden sich etwa das Labor in Bad Cannstatt, die Humangenetik und der nächtliche OP-Notdienst in Bad Cannstatt weiter auf der Streichliste. Streitpunkt zwischen Geschäftsführung und Personalrat bleibt der künftige Umgang mit dem Servicepersonal. Während die Klinikleitung Reinigung, Technik und Logistik gerne in eine Servicegesellschaft auslagern würde, ist der Personalrat dagegen. Insbesondere durch eine schlechtere Altersversorgung der Beschäftigten würde das Klinikum Geld sparen. So lägen die Kosten etwa der Reinigungskräfte wegen der Altersversorgung um acht Prozent über denen von Privaten, sagte Ralf-Michael Schmitz. Und dies bei einer größeren Reinigungsleistung, erklärte Werner Wölfle. Dem müsse man künftig in irgendeiner Form Rechnung tragen.