Das Danziger Stüble ist ein Geheimtipp. Wer an einem normalen Tag dort hinkommt, kann nicht ahnen, was an anderen Abenden in der Kneipe los ist. Wenn etwa der Frontmann der Kölner Black Sheriffs sein Gitarrensolo auf die Nürnberger Straße verlegt.

Bad Cannstatt - Die meisten kennen das Danziger Stüble nur vom vorbeifahren. Auch wenn in der Kneipe schon echte Größen wie der englische Musiker Jason Falloon aufgetreten sind, ist das Danziger immer ein Geheimtipp geblieben. Vermutlich liegt es an der nicht gerade zentralen Lage im Grenzgebiet zwischen Bad Cannstatt und Fellbach; gut erreichbar zwar, durch die Stadtbahnhaltestelle vor der Tür, aber doch ein gutes Stück von der Innenstadt entfernt.

 

Jedenfalls hat sich das Danziger seinen Bierbeiz-Charme bewahrt. Wer an einem gewöhnlichen Tag dort hinkommt, kann nicht ahnen, was an anderen Abenden in der Kneipe los ist – wenn etwa die Kölner Band Black Sheriff mal wieder zu Gast ist und der irische Frontmann sein Gitarrensolo spontan auf die Nürnberger Straße verlegt.

Mit Silbermähne und Lederweste

Möglich macht das Michael Schmid, im Danziger besser bekannt als Mike. Ein echtes Unikat, mit langer Silbermähne, schwarzer Lederweste und Schlägermütze. „Ich bin hier das älteste menschliche Inventar“, scherzt der 57-Jährige, der seine Brötchen als Grundschullehrer verdient. Und tatsächlich baumelt über einem der Holztische ein Schildchen mit dem Hinweis „Mike’s Ecke“.

Der 57-Jährige ist in Fellbach aufgewachsen und lebt bis heute dort. Seit gut 35 Jahren ist er Stammgast im Danziger. „Langhaarige wurden früher in den Kneipen nicht gern gesehen“, erzählt er und ergänzt: „Hier sind wir auf einen toleranten Wirt gestoßen.“ Es war der Schwager des heutigen Besitzers. Deshalb seien er und seine Kumpels damals im Danziger gelandet.

Zu hören gibt es im Danziger alles, was handgemacht ist

Schmid ist selbst Musiker. „Meine Band war die erste, die hier offiziell gespielt hat“, erzählt er. Anfang der 1980er Jahre war das, zuvor gab es nur eine Musikbox, erinnert sich der 57-Jährige. Er koordiniert die Auftritte, stellt die Bands auf der Facebook-Seite des Lokals vor und kümmert sich um die Musiker. Ob Folk, Blues, Rock, Metal oder Punk, zu hören gibt es im Danziger alles, was handgemacht ist. „Nur Hip-Hop hatten wir noch nicht“, erzählt Schmid.

Der 57-Jährigen will „dem Nachwuchs eine Chance zu geben“. Junge Bands, die von den Szeneläden in der Innenstadt oft noch nicht einmal eine Antwort auf ihre Anfragen bekommen. Üppige Gagen kann das Danziger den Nachwuchsmusikern nicht zahlen. Eine Sammelbüchse mit der Aufschrift „ein Herz für notleidende Rockmusiker“ wird bei den Konzerten im Publikum rumgereicht. Aber: „Die Musiker werden hier wie von Muttern umsorgt“, sagt Schmid. Und dafür stellt sich der 57-Jährige auch gerne mal selber hinter den Grill im überraschend grünen Hof hinter der Kneipe.

Doch es sind nicht nur die jungen Musiker, denen es im Danziger gefällt. Auch Künstler, die den Durchbruch schon längst geschafft haben, zieht es regelmäßig in die Cannstatter Bierbeiz zurück. Schmid glaubt, dass es an der besonderen Atmosphäre liegt. Eine Bühne gibt es nicht, die Bands treten mitten im Gastraum auf. Bei VfB-Spielen müssen sie sich mit den Fußballfans arrangieren und mit ihrem Auftritt auch schon mal bis zum Schlusspfiff warten. „Das ist Rock ‚n’ Roll“, schwärmt der 57-Jährige. Mit gut 100 Zuschauern sei der Laden rappelvoll. Kein gewöhnliches Konzert also, sondern eher „eine Party mit Livemusik“, sagt Schmid. Die Musiker feiern einfach mit.