Das Café Weiß ist eine Institution in Stuttgart. Zum Inventar gehörte eine Zeit lang auch die Band Any, die hier locker 15 Mal gespielt hat. Kleon Medugorac erzählt im Interview, wie es dazu kam – und wie er einen Halbtauben wieder hörend machte.

Digital Desk: Michael Bosch (mbo)

Stuttgart - Die Rockband Any ist in Stuttgart zu Hause. In der Schwaben-Metropole haben sie schon in etlichen Locations gespielt, aber in keiner so oft wie im Café Weiß.

 

Kleon Medugorac von Any erzählt, was die Location so besonders macht, obwohl sie sich überhaupt nicht für Konzerte eignet und von einem kleinen Wunder im Café Weiß.

Kleon, erinnerst du dich noch an euren ersten Auftritt im Café Weiß?
Puh, das weiß ich nicht mehr. Das ist auch schon lange her. Das erste Konzert im Weiß war im Februar 2011, aber wir haben danach so oft dort gespielt.
Wie oft denn?
15 bis 20 Konzerte haben wir dort sicherlich gegeben. Eine Zeit lang war es so, dass wir fast jeden Monat dort gespielt haben.
Was macht die Bar für dich aus?
Das Café Weiß ist ohne Alternative in Stuttgart. Ich denke, die Bar könnte auch in New York oder Paris sein – es herrscht dort irgendwie so eine großstädtische Atmosphäre. Das Publikum ist ganz besonders. Überspitzt gesagt, kann man dort mit einem Ex-Knacki und einem Millionär gemeinsam am Tisch sitzen. Die Leute sind einfach total unterschiedlich, und das macht es sehr spannend.
Merkt man das auch bei den Konzerten?
Die Konzerte sind schon etwas Besonderes. Natürlich ist es auch das Publikum, aber vor allem die Bar an sich. Das liegt daran, dass die Location eigentlich überhaupt nicht für Konzerte ausgelegt ist. Es gibt dort keine Monitorboxen und keine Bühne, man steht mit den Instrumenten mitten im Raum und die Leute kleben einem irgendwie zehn Zentimeter vor dem Gesicht.
Und der Atmosphäre wegen habt ihr dann dort ein Konzert nach dem anderen gegeben?
Naja, wir hatten unseren Proberaum unter dem Snookey’s (Anm. d. Red.: jetzt „Tequila Bar“) und waren nach den Proben oft im Weiß. So haben wir Ranko (Anm. d. Red.: Ranko Curin, ehemaliger Besitzer des Café Weiß) kennengelernt. Und der hat eines Tages gefragt, ob wir nicht dort spielen wollen, und dann eben immer wieder. Wir hatten sogar Teile unserer Anlage und mein Schlagzeug für ein dreiviertel Jahr im Weiß stehen, weil wir so oft dort aufgetreten sind und es sich nicht mehr gelohnt hat das Zeug wieder zurückzutragen.
Dann waren es richtig Heimspiele für euch?
Ranko war immer sehr speziell. Es gab wohl auch andere Bands, die gerne mal aufgetreten wären. Aber die durften irgendwie nicht ... nur wir.
Hat sich das geändert, seitdem das Café Weiß den Besitzer gewechselt hat?
Wir treten momentan nicht so oft dort auf, vor allem aber, weil wir viele andere Konzerte hatten und auch einfach wieder öfters mal woanders spielen wollten. Der Kontakt zu Harry und Annemarie ist immer noch super, und wir wollen auch bald mal wieder ein Konzert im Weiß geben. Auch wenn es als Band relativ anstrengend ist, ist es einfach eine einzigartige Atmosphäre!
Gibt es einen Moment bei einem der Konzerte, an den du dich besonders gerne zurück erinnerst?
Es gibt natürlich ganz viele Momente. Aber es gab da so einen älteren Typen, der hing oft da rum und hat auch beim Ausschank geholfen. Nach einem Konzert kam er auf mich zu und hat sich überschwänglich bedankt. Er hat gemeint, er habe seit Jahren auf einem Ohr kaum noch etwas gehört. ER sei, während wir gespielt haben, neben einer Box gestanden – und auf einmal sei sein Gehör zurückgekommen. Die verzerrte Gitarre hat das bewirkt, hat er gemeint. Das war wirklich abstrus, aber auch saucool.