Am Ende setzten sich die Südwestrebellen gegen den Widerstand der Liberalen und des Wirtschaftsministeriums durch. Der Kompromiss zur umstrittenen Schiefergasförderung gleicht nun einer Art „Lex Bodensee“.

Berlin - Es war, wie schon beim Thema Fluglärm, eine Machtdemonstration der baden-württembergischen Unionsabgeordneten. Sie würden dem Gesetz zum Fracking in der vorliegenden Fassung nur zustimmen, wenn der Bodensee und andere Seen, die als Trinkwasserquellen dienen, geschützt werden, machten sie, angeführt vom baden-württembergischen Landeschef Thomas Strobl, in einer großen Koalitionsrunde klar.

 

Den Antrag hatten die beiden CDU-Abgeordneten Andreas Jung (Konstanz) und Lothar Riebsamen sowie der bayerische Unionspolitiker Gerd Müller (Lindau) eingebracht. Am Ende setzten sich die Südwestrebellen gegen den Widerstand der Liberalen und des Wirtschaftsministeriums durch. Der Kompromiss zur umstrittenen Schiefergasförderung gleicht nun einer Art „Lex Bodensee“. Zuvor hatte sich die Koalition nicht auf einen Kompromiss einigen können.

SPD und Grüne pochen auf ein Moratorium

Im bisherigen Entwurf des Umwelt- und Wirtschaftsministeriums wären nur die reinen Wasserschutzgebiete von der umstrittenen Technologie ausgenommen worden. Am Bodensee wäre damit nur etwa die Hälfte der Fläche unter Schutz gestellt worden, obwohl das Gewässer fünf Millionen Menschen als Trinkwasserquelle dient und es in seinem Einzugsbereich eine Vielzahl an Zuflüssen und unterirdische Grundwasserströmen gibt. Künftig wird eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorgeschrieben. Zudem ist die Zustimmung der Wasserbehörden notwendig. Die Umgebung für Talsperren wird nicht in die Regelung mit einbezogen. Ein Verbot hierfür wäre der FDP zu weit gegangen. SPD und Grüne hingegen pochen auf ein Moratorium in der Sache, bis der Einsatz ohne giftige Chemikalien möglich ist.

Der Koalition ist damit ein nicht mehr erwarteter Kompromiss bei der umstrittenen Technologie gelungen, auf den insbesondere Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) bis zuletzt gedrungen hatte. Die Regelung soll am 22. oder 29. Mai vom Bundeskabinett und bis zum 28, Juni im Bundestag beschlossen werden. Am 20. September – zwei Tage vor der Bundestagswahl – soll dann der Bundesrat abschließend entscheiden.

Unionsabgeordnete sehr zufrieden

Der Konstanzer CDU-Abgeordnete Jung zeigte sich hochzufrieden mit dem Ergebnis. „Wir haben nun den See geschützt und auch anderswo hohe Hürden aufgebaut“, sagte Jung. Als „energiepolitischen Irrweg“ mit „nicht abschätzbaren Folgen für das Grundwasser“ bezeichnete hingegen der baden-württembergische Grünen-Landtagsabgeordnete Siegfried Lehmann (Konstanz) die Technologie. „Es ist scheinheilig, Fracking in Deutschland grundsätzlich ermöglichen zu wollen, solange es nicht vor der eigenen Haustür stattfindet“, kritisierte Lehmann.

Beim Fracking wird eine mit Chemikalien versetzte Flüssigkeit unter hohem Druck in Schiefergestein gepresst, um Risse im Gestein zu erzeugen und dadurch Erdgas oder Erdöl zu gewinnen. Kritiker sehen die große Gefahr der Verseuchung des Trinkwassers durch giftige Substanzen. In den USA, wo Fracking schon weit verbreitet ist, hat der erhöhte Einsatz zu sinkenden Gas- und Strompreisen geführt.