Wer wird was im neuen Baden-Württemberger Kabinett? Noch ist nichts entschieden. Doch mancher läuft sich warm für ein Regierungsamt.

Stuttgart - Die Inhalte sind im Kasten, jedenfalls so gut wie. Jetzt geht es bei den Koalitionsverhandlungen von Grünen und SPD um die Posten. Offiziell blieben die Personalentscheidungen bisher ausgeklammert, auch wenn sich der eine oder andere bereits warmläuft für ein Regierungsamt. Klar ist nur, dass - natürlich - Winfried Kretschmann von den Grünen Ministerpräsident werden soll und der SPD-Mann Nils Schmid das Finanzministerium anstrebt, eventuell in Verbindung mit dem Wirtschaftsressort - damit er nicht nur Geld einsparen muss, sondern auch mal die Spendierhose überstreifen kann.

 

Doch für das Wirtschaftsministerium böte sich auch eine Vereinigung mit dem Verkehrsministerium an, um so - auch das eine der SPD zuzuordnende Idee - ein großes Infrastrukturressort zu schaffen. Dafür wäre der bisherige SPD-Fraktionschef und gelegentlich liebevoll als "Beton-Schmiedel" (wegen seiner Neigung zum Bauen) bespöttelte Claus Schmiedel ein Kandidat. Der 60-Jährige will indes, so ist zu hören, auf seinem Posten in der Fraktion bleiben, um von dort aus das Große und Ganze der Koalition mitbestimmen zu können. Bislang ressortiert der Verkehr im Umweltministerium.

Die SPD besetzt Innen-, Arbeits- und Sozialministerium

Bei einem Transfer des Verkehrs zum Wirtschaftsressort könnte als Ausgleich der Bereich Energie zum Umweltministerium wandern. Für diese Kombination wäre der sachkundige Grünen-Vizefraktionschef Franz Untersteller wie geschaffen. Für ein eigenständiges Verkehrsministerium interessiert sich lebhaft der Grünen-Bundestagsabgeordnete und Stuttgart-21-Gegner Winfried Hermann. Aber auch der Stuttgarter Landtagsabgeordnete Werner Wölfe wäre dafür schnell zu haben. Er verweist darauf, dass die Grünen in der Landeshauptstadt drei von vier Direktmandaten holten.

Über die SPD lässt sich sagen, dass sie - mit Ausnahme des Agrarressorts und des den Grünen zugestandenen Umweltministeriums - eigentlich alle Ressorts in der eigenen Hand gut aufgehoben weiß. "Die Grünen haben ja den Ministerpräsidenten", sagen die Genossen - halb im Scherz, halb im Ernst. Aber das wird ihnen natürlich nicht gelingen. Das Innenministerium werden die Sozialdemokraten auf jeden Fall beanspruchen, dort haben sie in mehreren Großen Koalitionen den Minister gestellt. Diesmal könnte es Reinhold Gall machen. Auch das Arbeits- und Sozialministerium wollen sie auf jeden Fall besetzen.

Beim Kultusministerium ist Taktgefühl gefragt

Eine gewisse Keuschheit ist merkwürdigerweise beim Kultusministerium zu bemerken, das einen parteiübergreifend als besonders wichtig gewürdigten landespolitischen Politikbereich verantwortet. Ein Feld, auf dem Grün-Rot mit anspruchsvollen Reformen punkten möchte. Dazu benötigt die neue Regierung jemanden, der Durchsetzungskraft mit Taktgefühl verbindet. In der Vergangenheit schadeten die mitunter selbstgerecht von oben herab dekretierten Schulreformen der schwarz-gelben Landesregierung nicht unerheblich.

Es gab in der Vergangenheit auch Überlegungen, das Kultus- mit dem Wissenschaftsministerium zu verschmelzen. Doch das ist wenig wahrscheinlich, zumal Kretschmann bereits durchblicken ließ, er wolle die Zahl der Ministerien nicht verringern. Für die Hochschulen stünde mit Theresia Bauer, Grünen-Fraktionsvize im Landtag, eine mit dem Thema vertraute Politikerin bereit, auch wenn sie über keinen Professorentitel verfügt, der den Umgang mit den selbstbewussten Hochschulrektoren erleichtern könnte.

Kein Anhängsel der SPD-Ministerpräsidenten

Hoffnungen auf den attraktiven Posten des Berliner Bevollmächtigten hegt der Bundestagsabgeordnete und SPD-Landesgeneralsekretär Peter Friedrich. Er wirbt für sich mit dem Argument, die Verbindung zu den A-Ländern, also den SPD-regierten Ländern im Bundesrat halten zu können. Doch der Bundesratsminister gehört zum unmittelbaren Einflussbereich des Ministerpräsidenten. Kretschmann dürfte darauf bedacht sein, den Posten selbst zu besetzen, zumal er gerade nicht als Anhängsel der SPD-Ministerpräsidenten erscheinen möchte. Offen ist auch, ob Grün-Rot den Mumm aufbringt, die Zahl der Staatssekretäre zu senken.