Die sechs wichtigsten Ziele der neuen baden-württembergischen Regierung auf einen Blick.

1. Sparen

Stuttgart - Das Land muss jährlich mindestens 1,8 Milliarden Euro sparen, um 2020 – wie vom Grundgesetz gefordert – keine neuen Schulden mehr aufzunehmen. Ist genug Geld da, um das zu schaffen und zudem teure grün-schwarze Projekte umzusetzen? Seit dem Kassensturz zu Beginn der Koalitionsgespräche weiß die CDU, dass im Landeshaushalt ein riesiges Loch klafft – vor allem eine Folge der hohen Flüchtlingszahlen. Wo jetzt konkret gespart werden soll, verrät der Koalitionsvertrag aber nicht. Zwei Bereiche, die mit Kürzungen rechnen müssen, haben Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und sein künftiger Stellvertreter Thomas Strobl (CDU) aber schon benannt: Personal und Kommunen. Möglicherweise werden die Tariferhöhungen für Angestellte im öffentlichen Dienst nicht eins zu eins auf Beamte übertragen, sondern deren Besoldung nur um ein Prozent erhöht. Zudem sollen die Pensionen langfristig von 71,75 auf 70 Prozent ihrer bisherigen Bezüge gesenkt werden.

 

2. Mehr Einnahmen

Alles, was die künftige Landesregierung anpacken will, steht unter einem Vorbehalt: dass das Geld dafür reicht. Intern wurde bereits über eine Möglichkeit gesprochen, wie der Haushalt zusätzlich saniert werden könnte: durch eine weitere Anhebung der Grunderwerbsteuer. Davon wollte die CDU vor der Wahl nichts wissen. Ausgeschlossen sei das aber nicht mehr, heißt es jetzt aus Koalitionskreisen. Baden-Württemberg liege mit derzeit fünf Prozent hinter anderen Ländern – in Nordrhein-Westfalen und Brandenburg beträgt sie inzwischen 6,5 Prozent. Eine Erhöhung um einen Prozentpunkt hätte nach Angaben des Landesfinanzministeriums dem Land 2015 rund 319 Millionen Euro gebracht. Da die Hälfte an die Kommunen geht, könnte man bei diesen an anderer Stelle sparen. 2011 hatte Grün-Rot die Grunderwerbsteuer von 3,5 auf fünf Prozent angehoben.

3. Digitales Musterland

Das zentrale Feld ist die Digitalisierung. „Baden-Württemberg soll digitales Musterland werden“, formulierte der CDU-Verhandlungsführer und -Landeschef Thomas Strobl das ehrgeizige Ziel bei der Vorstellung der Grundlinien des neuen Bündnisses. 325 Millionen Euro will Grün-Schwarz aufbringen, um den Südwesten flächendeckend mit Breitband zu verkabeln, so dass überall 50 MBit/s Übertragungsrate möglich sind. „Mittelfristig“ soll sogar jedes Gebäude einen Glasfaseranschluss erhalten. Da schnelles Internet auch unterwegs verfügbar sein soll, will das Land Anreize für Mobilfunkbetreiber setzen, um Schienen- und Autobahnstrecken besser abzudecken. Und man gelobt, bei der Breitbanderschließung mit gutem Beispiel voranzugehen: Schulen, Verwaltungsgebäude, Häfen und Museen – die Devise heißt „WLAN für alle“, also für Mitarbeiter und Besucher.

4. Mehr Sicherheit

Grün-Schwarz schüttet geradezu das Füllhorn über der Polizei aus. 1500 zusätzliche Stellen will die Koalition schaffen und 100 Millionen Euro für eine bessere Ausstattung ausgeben. Der Überstundenberg soll kleiner werden und der Anteil der Beamten am gehobenen Dienst „spürbar“ wachsen. Zudem will Grün-Schwarz die Polizeifreiwilligen wieder einführen. Um Konflikte zu dokumentieren, sollen Polizisten künftig Body-Cams tragen können, doch die Rechtsgrundlage dafür steht noch aus. Die Körperkameras sollen abschreckende Wirkung auf Angreifer haben. Andererseits könnten die Videos als Beweismittel in Strafverfahren verwendet werden. Sie wird entweder an der Schulter oder an der Brusttasche getragen. Das Polizeirecht soll die Beamten künftig auch ermächtigen, Telekommunikationsdaten zur Terrorprävention zu überwachen. Bei der Abteilung Staatsschutz im Landeskriminalamt soll eine spezielle Einheit zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus entstehen. Auch der Verfassungsschutz wird aufgestockt.

5. Integrations-Avantgarde

Baden-Württemberg hat nach Meinung der Koalitionäre „alle Voraussetzungen, Avantgarde der Integrationspolitik zu werden“. Grüne und CDU streben ein „Landesintegrationsgesetz“ an. Um die Integration zu erleichtern, werden in Zukunft nur noch Flüchtlinge mit guter Bleibeperspektive in den Kommunen untergebracht. Integrationsmaßnahmen sollen verbindlich werden, Versäumnisse sollen „mit Konsequenzen verbunden“ werden. Die im Bundesrat anstehende Entscheidung über die Erweiterung des Kreises der sicheren Herkunftsstaaten um Algerien, Tunesien und Marokko will die Koalition „unterstützen“ – vorausgesetzt, dies ist verfassungsrechtlich machbar, denn in diesen Staaten ist Homosexualität strafbar und somit eigentlich ein Asylgrund. Damit hat sich die CDU in diesem Punkt durchgesetzt. Die Grünen wiederum haben erreicht, dass Flüchtlinge in Erstaufnahmestellen eine Geldwertkarte für Sachleistungen erhalten, um damit einkaufen zu können. Barauszahlungen sind jedoch ausgeschlossen.

6. Mehr Geld für Kinder

Vor allem die CDU musste sich bereits den Vorwurf gefallen lassen, ihre Wahlversprechen zu brechen. Es wird zum Beispiel nichts mit der ursprünglich gewollten Wahlfreiheit für Gymnasien zwischen dem Abitur nach acht oder neun Jahren. Auf Drängen der CDU gibt es aber für Kinder im letzten Kindergartenjahr 75 Euro pro Monat. Im Zusammenhang mit diesem Kinderbildungspass will die Koalition in die Zertifizierung der Kitas einsteigen, um dadurch die Bildungs- und Betreuungsqualität zu steigern, heißt es in dem neuen Koalitionsvertrag. Grünen und CDU schwebt die Einführung eines Qualitätssiegels vor. Auch kleine Grundschulen will die Koalition „nach Möglichkeit erhalten“. Grundschüler sollen jeweils zwei Stunden Deutsch und Mathematik zusätzlich erhalten. So sollen die Grundfertigkeiten Lesen, Schreiben und Rechnen gestärkt werden. Grüne und CDU wollen die Umsetzung der Bildungspläne „eng begleiten und bei der Umsetzung auftretende fachlich erforderliche Korrekturen vornehmen“.