Unsere Autorengruppe hat auch in der Stadt Suruc, etwa vier Kilometer von der Grenze entfernt, Flüchtlinge in Camps besucht. Dort leben die Menschen seit Monaten. Ihre Erzählungen stimmen mit dem überein, was wir schon gehört haben, und sind trotzdem jedes Mal aufs Neue erschütternd. Die Welt soll es wissen, was hier vorgeht, sagen sie. Sie sollen uns nicht vergessen, bitten sie.

 

Nein, das kann man nicht vergessen. Zelt an Zelt, dicht, über zweihundert allein in einem Camp. Zwischen den Zelten an den Leinen nasse Wäsche. Es hatte geregnet, Pfützen und Matsch auf den Wegen. In den Zelten von der Größe einer schrägen Dachkammer leben oft zwei, drei Frauen und deren Kinder. Ihre Männer kämpfen in Kobane oder sind gefallen. Diese Familien besitzen oft nur das, was sie auf der Flucht selber tragen konnten. Trinkwasser holen sie von einer Wasserstelle. Die Kommunalverwaltung liefert karge Mahlzeiten. Manchmal kommt ein Bauer mit seinem Pferdefuhrwerk und bringt Obst und Gemüse. Er ist selber arm, aber er verschenkt das Gebrachte.

Der Winter naht, mit mehr Nässe, Kälte. Niemand weiß, wie es weiter gehen soll.

Nach einer Veranstaltung in Diyarbakır über unsere ersten Eindrücke sagte ein Zuhörer: „Die IS-Barbaren morden nicht nur Frauen und Kinder, sie rauben uns auch die Worte. Es ist gut, dass ihr den Opfern eine Stimme gebt.“