Der Verlagsbuchhänder Koch, Neff & Volckmar zieht seine komplette Logistik aus Stuttgart ab. 600 Stellen fallen weg, die Verwaltung bleibt.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Stuttgart - Der Stuttgarter Verlagsbuchhändler KNV (Koch, Neff & Volckmar) und seine Schwestergesellschaft (KNO VA) ziehen bis 2015 ihre Logistik von Stuttgart ab. Von diesem Schritt seien 600 Mitarbeiter in Stuttgart betroffen, sagte der geschäftsführende Gesellschafter Oliver Voerster. Firmensitz und Logistik befinden sich im Industriegebiet von Stuttgart-Vaihingen. Ebenfalls geschlossen wird die Logistik am Standort Köln. Dort sind in diesem Bereich 300 Beschäftigte tätig. Künftig solle die Logistik der beiden Unternehmen an einem zentralen Standort in Deutschland konzentriert werden, erklärte Voerster. Dieser stehe noch nicht fest, ins Auge gefasst würden aber die Regionen Kassel, Fulda oder Erfurt. An dem neuen Standort wollen die Unternehmen 100 Millionen Euro investieren und 850 neue Arbeitsplätze schaffen.

 

Mit der Zentralisierung der Logistik reagiere der Großbuchhändler auf Veränderungen im Buchmarkt. Diese seien durch sinkende Bücherverkäufe, aber auch durch neue Angebote in Buchhandlungen wie DVDs oder verschiedene Spiele gekennzeichnet. Außerdem mache der zunehmende elektronische Handel eine raschere Auslieferung von Büchern erforderlich. In Stuttgart habe das Unternehmen zudem alte Hallen, die den modernen Anforderungen nicht mehr entsprächen, meinte der geschäftsführende Gesellschafter. Die Unternehmen liefern Bücher für Verlage aus, lagern diese aber auch für den Abruf aus Buchhandlungen.

600 Stellen bleiben

In Stuttgart bleiben nach den Angaben von Voerster rund 600 Arbeitsplätze in der Verwaltung, im Vertrieb oder in der elektronischen Datenverarbeitung erhalten. In verschiedenen Bereichen würden dort auch neue Mitarbeiter eingestellt, sagte der geschäftsführende Gesellschafter. Am Standort Köln bleibt nur eine sehr kleine Mitarbeiterzahl übrig. Nicht von den Plänen betroffen sind die Unternehmensstandorte Metzingen, Darmstadt und Leipzig. Den Beschäftigten in Stuttgart und Köln werde ein Umzug an den künftigen zentralen Logistikstandort angeboten. Voerster rechnet jedoch nicht damit, dass viele Mitarbeiter von dieser Möglichkeit Gebrauch machen werden. Deswegen würden auch Gespräche über einen Sozialplan geführt. Außerdem würden ausscheidende Mitarbeiter nicht ersetzt. Zudem wolle er sich bemühen, Mitarbeiter anderswo unterzubringen. Voerster zeigte sich zuversichtlich, dank der Verbesserung der Lage auf dem Arbeitsmarkt der Region Stellen für einen Teil der Mitarbeiter zu finden. Insgesamt arbeiten bei den Unternehmen 2500 feste und 750 befristete Beschäftigte.

Ohne die Schaffung einer zentralen Logistik würden die Unternehmen in einigen Jahren in die roten Zahlen rutschen, meinte der geschäftsführende Gesellschafter. Im Augenblick würden Gewinne geschrieben. Im kommenden Jahr dürfte aber ein Bereich in die roten Zahlen rutschen, meinte der geschäftsführende Gesellschafter. Der Umsatz im vergangenen Jahr lag nach den Angaben von Voerster bei 600 Millionen Euro.

Gewerkschaft will prüfen

Uschi Schorlepp, die stellvertretende Geschäftsführerin des Verdi-Bezirks Stuttgart, erklärte, bei der Zentralisierung der Logistik handele es sich um eine "typische Maßnahme, um die Gewinne weiter zu erhöhen". Die Gewerkschaft werde nun einen Tarifvertrag zur Fortführung der Beschäftigung fordern, sagte Schorlepp, "das Unternehmen steht blendend da".

Verdi werde sich dafür einsetzen, dass am Standort Stuttgart möglichst viele Arbeitsplätze erhalten blieben. Möglicherweise wolle man durch ein Zentrallager auch Löhne einsparen, da diese in Ostdeutschland geringer seien als im Westen. Bei dem Standort in der Mitte Deutschlands handele es sich möglicherweise eher um "Mitte Ost". Prüfen werde die Gewerkschaft auch, ob Investitionshilfen für Ostdeutschland zur Streichung von Arbeitsplätzen im Westen führen könnten: "Das wäre ein Skandal", sagte Schorlepp. Die Unternehmen hätten sich schon vor Jahren aus den Branchentarifverträgen verabschiedet und auch die 40-Stunden-Woche eingeführt. Neue Beschäftigte in der Logistik erhielten "maximal 1500 Euro brutto".