Der Beirat hat in der Elise von König-Gemeinschaftsschule die Schulbank gedrückt. In der ersten Gemeinschaftsschule in ganz Stuttgart wurden ihnen noch einmal kompakt die Kernpunkte des Konzeptes vorgetragen.

Münster - Ein Nachsitzen ist es nicht gewesen, eher eine Art Bonus-Stunde. Schließlich war es der Bezirksbeirat von Münster, der die erste Gemeinschaftsschule in ganz Stuttgart mit auf den Weg gebracht hat. So bekamen die Mitglieder des Gremiums zum Finale des ersten Schuljahres der Elise von König-Gemeinschaftsschule von Konrektor Mike Emeling noch einmal kompakt die Kernpunkte des pädagogischen und didaktischen Konzeptes vorgetragen, die der Hauptgrund für ihre Zustimmung damals waren.

 

Die Schule soll den Kindern gerecht werden

Entscheidend ist darin der radikale Abschied vom Frontalunterricht und von einer Schule, die alle Kinder stets über den gleichen Kamm schert. Im Kontrast dazu steht in der Gemeinschaftsschule das individualisierte Lernen in sogenannten Lernfamilien im Mittelpunkt. Die wichtigste Aufgabe besteht laut Emeling darin, „im jeweiligen Fach den individuellen Lernauftrag passend zu gestalten. So, dass die Kinder kluge Aufgaben bekommen, die sie herausfordern, aber nicht überfordern“ – und so die Lernmotivation hoch zu halten. Schließlich gehe es darum, „die Kinder nicht nach dem Bild der Schule zu formen, sondern zu fragen: Wie muss Schule sich verändern, um den Kindern gerecht zu werden?“ Das wichtigste Prinzip sei demnach, dass Kinder nicht an Schwächen und Defiziten fixiert und nach standardisierten Rastern sortiert und aussortiert werden, sondern, dass an bereits vorhandenes Können und Wissen angeknüpft wird. Und Pädagogen sind nun nicht mehr Lehrer im klassischen Sinne, sondern müssten sich zu „Lern-Begleitern“ weiterentwickeln. Dies alles übrigens nicht als Resultat politischer Setzungen, sondern, wie Emeling erklärte, „auf der Basis von Erkenntnissen der Lernforschung und der Neurowissenschaften“.

Abschied vom „Aschenputtel-Prinzip“

Der Konrektor hatte eindrucksvolle Beispiele parat, dass dies tatsächlich der Abschied vom „Aschenputtel-Prinzip“ der dreigliedrigen Regelschule bedeutet, die einst dem Reproduktionsziel der Drei-Klassen-Gesellschaft der Kaiser-Zeit entsprungen war: Etwa „ein Mädchen aus der Sprachheilschule. Sie ist inzwischen eine der besten Schülerinnen in Deutsch“. Oder „ein cleveres Kerlchen, das eine unwahrscheinliche Entwicklung gemacht hat. Im alten System hätte der Junge das nicht geschafft. Da wäre er durchgefallen,“ betonte Emeling. So resümierte er: „Das Ziel ist, dass der Bildungserfolg nicht mehr ausschließlich vom Elternhaus abhängt. Und wir sehen: Das gelingt!“

Wie das bewerkstelligt wird, davon konnten sich die Bezirksbeiräte bei einem Rundgang durch die Räume der beiden ersten Klassen der Gemeinschaftsschule ein Bild machen, die Rektorin Renate Schlüter als den „Ansatz einer Lernwelt“ bezeichnete. So zeigte sie etwa das Lernbuch einer Schülerin, in der diese ihr Tun dokumentiert. Für sich selbst, aber auch für die Eltern, die so zuhause Stand und Fortschritt nachvollziehen können.

Die Schule wächst und gedeiht

Wichtig ist auch ein schmaler Raum zwischen den beiden großen Räumen, in den sich Kinder und Kleingruppen zurückziehen können. Beeindruckt war das Gremium auch davon, dass allen Kindern Laptops zur Verfügung stehen. Und statt der klassischen Tafel gibt es eine „Dokumenten-Kamera“ zur Projektion jedweder Unterlagen, also von den Lehrern und Kindern gleichermaßen.

In ihren Kommentaren zeigten die Bezirksbeiräte nachgerade Bewunderung über den Erfolg der Gemeinschaftsschule: „Es war gut, dass wir uns für diesen Weg entschieden haben, sonst würde es düster aussehen am Schulstandort Münster,“ meinte etwa Dietmar Bulat (SPD) und ergänzte: „Als kleinster Stadtbezirk sind wir so Pilot für die ganze Stadt.“ Besonders interessierte das Gremium die Entwicklung der Schülerzahlen. Die gehen laut Renate Schlüter nun steil nach oben: von zuletzt 380 auf jetzt 460. Und für das kommende Schuljahr waren es so viele Anmeldungen, „dass wir vier Klassen machen könnten. Erlaubt sind uns aber nur drei, für die wir 82 Kinder aufnehmen.“ So resümierte die Schulleiterin: „Unsere Schule wächst und gedeiht. Und wenn wir angesichts der kolossalen Anstrengung, die das für uns bedeutet, zwischendrin zu schwächeln drohen, dann erzählen wir uns von den glücklichen Momenten.“