Nach Messungen eines Ingenieurs, die leichte radioaktive Werte ergeben haben, will die Stadt den neuen Belag überprüfen lassen. Experten der Verwaltung bleiben aber gelassen.

Geht vom neuen Belag der Königstraße aus Flossenbürger Granit eine radioaktive Strahlung aus, die für Beschäftigte in Gastronomie oder Handel auf der Einkaufsmeile belastend sein könnte? Eine Antwort auf diese Frage sollen jetzt umfassende Bodenmessungen bringen, nachdem der Diplomingenieur Bernd Laquai nach auffälligen Eigenmessungen im Rathaus Alarm geschlagen hat. „Wir sehen keine akute Gesundheitsgefahr und gehen davon aus, dass die Belastung im Rahmen des Üblichen liegt, dem die Bevölkerung ausgesetzt ist, aber wir wollen Gewissheit haben und werden deshalb einen Dritten mit Messungen beauftragen“, sagte Wolfgang Schanz, der Leiter des Tiefbauamtes, auf Anfrage.

 

Das Tiefbauamt koordiniert die durch den Befund ausgelösten Aktivitäten im Rathaus, auch das Gesundheitsamt und das Amt für Umweltschutz sind mit den Messergebnissen befasst. Diese haben auch den Ingenieur Bernd Laquai überrascht. „Bei den Vorbereitungen für ein Jugend- forscht-Projekt zum Thema Radioaktivität ist mir durch Zufall aufgefallen, dass der neu verlegte Bodenbelag auf der Königstraße nicht unerheblich radioaktiv strahlt“, sagt er.

Nach einiger Recherche führt er dies auf die verwendete Granitsorte zurück. Flossenbürger Granit zeichne sich durch eine erhöhte natürliche Radioaktivität aus, bei der unter anderem das Gas Radon freigesetzt werde, weshalb er sich frage, warum ausgerechnet dieses Material verwendet worden sei. Radon gilt als lungenkrebserregender Stoff. An mehreren Stellen zwischen Hauptbahnhof und Tübinger Straße hat der Ingenieur in ein Meter Höhe über dem Belag eine Radioaktivität von etwa 0,3 bis 0,4 Mikrosievert pro Stunde gemessen, in der oberen Königstraße waren die Werte mitunter noch etwas höher.

Diese Dosis habe seinen Geigenzähler zwar merklich stärker ticken lassen als in der benachbarten Kronprinzstraße, aber vermutlich doch nicht stärker als in zehn Kilometern Höhe bei einem Flug über den Atlantik, analysiert der Ingenieur und relativiert den Befund. Angst beim Schaufensterbummel müsse man deshalb vermutlich nicht haben, sagt er. „Wenn man sich Gedanken machen muss, dann nur als Beschäftigter in einem Straßencafé oder Laden, der an den Granit angrenzt und wo sich die zusätzliche Strahlendosis durch den Belag auf mehr als ein Millisievert pro Jahr aufsummiert“, meint Laquai und rät der Stadt, der Sache auf den Grund zu gehen – was jetzt auch geschieht.

Ähnliche Belastung wie bei einem Transatlantikflug

Beim städtischen Gesundheitsamt hat man die Messzahlen überschlagen und kommt zu einer ähnlichen Einschätzung. „Die vorgelegten Werte sind akut nicht besorgniserregend und für jemand, der auf der Königstraße einkauft oder einen Kaffee trinkt, überhaupt kein Problem“, betont Erich Zeller vom Gesundheitsamt. „Es könnte aber sein, dass gegebenenfalls Grenzwerte für Arbeitsplätze nicht eingehalten werden“, sagt Zeller. Dies könnten aber nur genauere Messungen klären. Generell sei bei Granit eine erhöhte Strahlenbelastung gegeben, diese aber liege innerhalb der Schwankungsbreite der natürlichen Strahlenbelastung in Deutschland. Probleme mit Granit seien dem Gesundheitsamt bisher nicht bekannt.

Rund 30 ooo Quadratmeter des Belags verlegt

Deshalb gab es auch weder im Rathaus noch in der Öffentlichkeit Bedenken, als das mit dem Umbau der Königstraße beauftragte Architekturbüro seinerzeit hochwertige Platten aus Flossenbürger Granit für die Einkaufsmeile vorschlug. Seit 2003 wurden in vier Bauabschnitten bis 2011 rund 30 000 Quadratmeter davon verlegt. Das Tiefbauamt will jetzt auch den Hersteller zu den Radioaktivitätswerten hören und das Thema bei einer anstehenden Tagung mit Vertretern anderen Städte ansprechen. Weiter mag man im Rathaus derzeit lieber nicht denken. „Ich möchte mir nicht vorstellen, den Belag in der Königstraße austauschen zu müssen“, sagt der Tiefbauamtsleiter Wolfgang Schanz.