Bei der Auswahl der Speisen kann man viel falsch machen. Unsere Kolumnistin weiß, warum: sie lassen auf den Charakter schließen.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Dieser Tage habe ich in einem Livestyle-Magazin einen sehr interessanten Tipp entdeckt. Wenn es nach Wischen, Matchen und Tindern tatsächlich zum ersten Date komme, stand da, solle man sich unbedingt für Kushikatsu entscheiden. Kushikatsu sei ideal, um die Anspannung beim ersten Date zu mildern. Denn bei Kushikatsu seien die Datingpartner erst einmal damit beschäftigt, die Kaffirlimetten vom Spargel-Kushi zu knabbern oder das Oktopus-Kushi in Sriracha-Soße zu tunken.

 

Ich weiß zwar nicht, was Tindern ist. Ich weiß nur, dass es das erste und letzte Date wäre, wenn mir jemand Oktopus-Kushi mit Sriracha servieren würde. Das ist doch schiere Angeberei. Wenn mich jemand beeindrucken will, dann allerhöchsten mit Quesadillas mit Garam-Masala-Teff. Teff ist nämlich das neue Quinoa. Teff ist Super-Ethno-Food und noch cooler als zum Beispiel Acai-Chia-Bowle. Oder Tonkabohnen-Sabayon.

Wer Salzbrezeln mag, taugt nicht für einen Schreibtischjob

Man ist schließlich, was man isst. Eine Freundin nascht zum Beispiel vor dem Essen gern salzigen Knabberscheiß. Erst dachte ich, sie könne das Essen nicht abwarten. Jetzt weiß ich, dass sie nicht anders kann. Ein amerikanischer Neurologe hat den Zusammenhang zwischen Charakter und Lieblingsspeisen wissenschaftlich bewiesen. Die Freundin isst die Salzbrezeln demnach nicht, weil sie sie mag, sondern weil sie für einen Schreibtischjob ungeeignet ist. Was definitiv stimmt.

Deshalb habe ich ihr geraten, falls sie je in die Situation kommen sollte, zu wischen, matchen, tindern und daten, solle sie sich von Salzbrezeln fernhalten, weil das beim Gegenüber so gut ankommen könnte wie bei mir Oktopus-Kushi mit Sriracha.

Übrigens gelten Bohneneintopf und Fischstäbchen mit Kartoffelbrei als die schlimmsten Date-Killer schlechthin. Deshalb sollte man beim ersten Rendezvous lieber eine mediterrane Minestrone mit Flageolets servieren. Oder zweierlei vom pazifischen Seelachs im Crôute-Teigmantel an Erdapfelmousse.

Ich habe dagegen den schönsten Freundschaftsbeweis meines Lebens weder bei Bohneneintopf noch bei mediterraner Minestrone mit Flageolets bekommen, sondern bei einer von mir selbst gemachten Kartoffelsuppe. Leider waren die Kartoffeln noch halbroh. Es schmeckte grauslich. „Speziell“, sagte die Freundin, so habe sie Kartoffelsuppe noch nie gegessen – und löffelte tapfer den gesamten Teller aus.