Poah. Mehr fällt einem zum neuen Musikvideo von Gener8ion aus Shaolin Tagou, einer der größten Kung-Fu-Schulen für Kinder in China, erst mal nicht nicht ein. Es ist beeindruckend, beängstigend, bedrohlich  - und gleichzeitig irgendwie bombastisch.

Stuttgart - „Poah. Song poah. Video poah. Alles poah.“ – So kommentiert @ruepelpatrick auf Twitter das neue Musikvideo von Gener8ion und M.I.A. zum Song "The International Sound (Part.II)".

 

Poah, das passt ganz gut, gut zur Sprachlosigkeit, gut zum beindruckt beängstigenden Gefühl, das das Video hinterlässt, gut zur Dynamik der Bilder.

 

Schon der Beginn wirkt bedrohlich. Das Setting: ein riesiger karger Betonplatz, der fast den ganzen Bildschirm einnimmt. Bäume und Häuser liegen in weiter Ferne. Der Sound: eine durchdringende Stimme, die wie das Echo eines Kriegsrufes nachhallt, ein Paukenschlag, eine Sirene. Dazu rennt eine Formation unzähliger, kleiner, rot-schwarz-uniformierter Figuren nach vorne und füllt den ganzen Platz aus. Eine Armee beim Angriff, so scheint es fast. Ein Close-Up zeigt: es sind Kinder.

GENER8ION + M.I.A. - The New International Sound Pt. II (Official music video) from Bromance Records on Vimeo.

Sie sind Studenten der größten Kung-Fu-Schule für Kinder in China, Shaolin Tagou. Das Video zeigt, wie sie mit Schwung in schmerzhaft aussehende Kampfpositionen springen, wie sie mit Boxhandschuhen gegen eine Mauer schlagen, wie sie in Formation marschieren. Alles wirkt hochdiszipliniert, durchchoreographiert. Wird einmal ein Gesicht aus der uniformierten Masse in Nahaufnahme gezeigt, ist es verbissen oder schmerzverzerrt. Niemand lacht. Dazwischen für wenige Sekunden: Kinder, die bei Dunkelheit spielen, Kinder die schlafen.

"Das Video ist einigermaßen bombastisch und weicht die Grenzen zwischen Tanz und Kampf, Musikclip und dokumentarischem Kurzfilm auf", schreibt eine Nutzerin auf spex.de. Es ist angelehnt an die Dokumentation "Drachenmädchen", die die Geschichte dreier Mädchen zeigt, die an der Shaolin Tagou lernen. „Meine Mutter hat gesagt, wenn du lang genug bleibst, wirst du fliegen können“, sagt eines der Mädchen im Trailer der Dokumentation.

Neben den Bildern verblasst der Song fast zum Soundtrack. Es scheint, als sei die Musik zum Video entstanden und nicht andersherum. Auch das Thema passt. Der Songtext handelt von Angriff, Kampf und dem Glauben an die eigene Stärke. Er ist bruchstückhaft geschrieben. Hängen bleiben eigentlich nur die Worte „Killing“, „Power“, „My name“, „My faith“. Das reicht aber auch schon. Zusammen entwickeln Bilder und Song eine eindrucksvolle Stärke.

Der Schluss setzt nochmal eins drauf: Eine Kämpferin legt sichtlich erschöpft ihren Helm und Brustschutz ab. Sie weint dabei. Die Szene sieht alltäglich aus. Als wäre es vollkommen normal, was man sieht. Dann das erste Lachen im ganzen Video: Eine Gruppe Mädchen steckt kichernd die Köpfe zusammen, als würden sie ein Geheimnis teilen. Sie inspizieren gegenseitig ihre Narben, Wunden und Blutergüsse. Poah.