Aufgelesen im Kreis: Süßes und Saures. ­Diese Woche fährt ein Oberbürgermeister wieder mit dem Bus, während sich die CDU und die Grünen immer mehr annähern.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Sindelfingen - Im Kreis Böblingen gibt es offenbar mehr Unterstützer der Linken, als man vielleicht annehmen würde. Kaum hat Richard Pitterle freie Plätze bei einer Fahrt nach Berlin annonciert, bekam der Bundestagsabgeordnete massig Zulauf: „Wir sind nun in der Situation, dass wir so viele Bewerbungen von Bürgern haben, dass wir fast drei solcher Fahrten belegen könnten“, lässt der Linken-Politiker mitteilen. Dabei fährt er auch im Mai und Juli nochmals mit einer Böblinger Abordnung in die Bundeshauptstadt. Richard Pitterle hat halt überzeugende Argumente zu bieten: Sämtliche Kosten für die viertägige Reise werden vom Bundespresseamt übernommen – bis auf 20 Euro für Trink- und Eintrittsgelder.

 

Natürlich handelt es ich bei dem Ausflug nicht um eine Kaffeefahrt: Neben Besuchen im Reichstag, im Abgeordnetenhaus und der Stasi-Gedenkstätte steht eine Visite im Finanzministerium an. Insofern könnte man den Ausflug der Vergnügungssteuerpflicht entheben. Die Teilnehmer dürfen aber immerhin bei einer Stadtrundfahrt Berliner Luft schnuppern.

Bernd Vöhringer fährt wieder Bus

So eine Attraktion hat Bernd Vöhringer nicht zu bieten, dafür zeigt er Chuzpe. Nachdem der Sindelfinger Oberbürgermeister beim gemeinsamen Buskonzept mit Böblingen gerade noch die Kurve gekriegt hat, lädt er die Bürger prompt zu einer Informationsfahrt durch die Stadt ein. Bei der Tour werden am Freitag, 24. Februar, von 15 Uhr an mit dem Bus Orte im Stadtgebiet angefahren. Die Teilnehmer sollen dabei „Einblick in aktuelle Projekte und zukünftige Planungen erhalten und erfahren wie sich Sindelfingen weiterentwickelt“ – und vermutlich in die hervorragende Arbeit des Oberbürgermeisters, der sich in diesem Jahr wieder zur Wahl stellt. Dieses Angebot klingt zwar auch nicht nach einer Traumreise, allerdings werden nicht einmal 20 Euro für Trink- und Eintrittsgelder fällig.

Falls dennoch irgendein Bürger dieses Buskonzept von Bernd Vöhringer als reines Vergnügen ansieht, hat er noch eine weitere Mitteilung vornedraus schicken lassen: Den Sauberkeitsrundgang am Montag, 13. Februar, erledigt das Stadtoberhaupt zu Fuß. Dabei will er sich „ein Bild machen vom aktuellen Zustand der Innenstadt, zum Beispiel im Hinblick auf Müll und sonstige Verunreinigungen“, erklärt die Verwaltung. Der Termin könnte nur zu der Annahme verleiten, dass der Rathauschef offenbar hauptsächlich im Dienstwagen unterwegs ist, wenn er den Zustand der Innenstadt extra begutachten muss.

In der Politik kommt es auf Gesten an

Andererseits kommt es in der Politik auf die richtigen Gesten an, hat am vergangenen Samstag Matthias Kauffmann wieder gezeigt. „Ich möchte eine Botschaft nach außen mitgeben: Die CDU im Kreis ist geschlossen“, sagte er noch als Vorsitzender. Kurz darauf präsentierten die 199 Stimmberechtigten bei der Wahl für seinen Posten ein eher gespaltenes Meinungsbild mit 102 Stimmen für Michael Moroff und 95 für Matthias Kauffmann. In gewisser Weise hatte der nun ehemalige Kreisvorsitzende jedoch recht: Die Böblinger CDU ist recht geschlossen – als Männergesellschaft. Unter den 22 Mitgliedern des neuen Vorstands sind gerade einmal fünf Frauen. Der Wahlgang für die Beisitzer musste wiederholt werden, weil das Frauenquorum nicht auf Anhieb erreicht worden war.

Diese Art von Fauxpas kommt in den besten Gesellschaften vor: Die Grünen im Kreis geben derzeit kein besseres Bild ab. Während in Aidlingen nicht nur eine, sondern auch die zweite Nachrückerin auf den Posten einer ausscheidenden Gemeinderätin verzichten möchte, ist in Grafenau das Problem auf die herkömmliche Weise gelöst worden. Als Ersatz für die nach Bayern ziehende Susanne Hirschberger steht mit Norbert Henkel ein Mann gerade.