Aufgelesen im Kreis: Süßes und Saures. Diese Woche nimmt der Wahlkampf an Fahrt auf – per E-Bike natürlich. Doch für die Einkaufszentren sind diese Scharmützel nur Sandkastenspiele.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - An diesen Anblick hat man sich längst gewöhnt: Der grüne Landesverkehrsminister fährt Fahrrad. Allerdings hat er jetzt immer öfter Schwarze im Schlepptau. Das unter Strom gesetzte Bike ist momentan nämlich so hip ist wie einst ein tiefer gelegter Mercedes. Am Montag radelte also das CDU-Mitglied Thomas S. Bopp mit Winfried Hermann von Herrenberg nach Holzgerlingen. „Nachhaltig mobile Region Stuttgart“ heißt das wegweisende Projekt. Auf der Langstrecke bis zur im März anstehenden Landtagswahl versuchten die Politiker, im gegenseitigen Windschatten Strecke zu machen – von einer neuen E-Bike-Station zur anderen.

 

Seltsamerweise hat der Ausflug eher Thomas S. Bopp voran gebracht als den grünen Fahrradminister. Er bewahrte die christdemokratische Haltung in Anzug und Krawatte und erklärte, dass es noch Zeit brauche, bis die Pedelec-Ausleihe regionsübergreifend verfügbar sei. Das heißt so viel wie: Seine Partei hat eigentlich andere Prioritäten, aber zu einem netten Abstecher in grüne Regionen ist sie allemal in der Lage. Während Winfried Hermann schon wieder Befürchtungen vorgreifen musste, dass nun die gesamte Bevölkerung umsatteln muss: „Es geht nicht alles zu Fuß oder mit dem Fahrrad“, sagte er am Montag – wie bereits vor kurzem in Kirchheim/Teck, „manchmal braucht man auch einen Zug, ein Auto oder ein Flugzeug.“

PAul Nemeth landet ziemlich oft in Gärtringen

Paul Nemeth setzt auf letzteres Verkehrsmittel – so oft, wie er gerade in Gärtringen landet. Seit sein ehemaliger Büroleiter das Rathaus regiert, ist der Landtagsabgeordnete Dauergast. Bei der jüngsten Stippvisite fiel Thomas Riesch dann nichts anderes mehr ein, als seinem Ziehvater die Klärschlammtrocknungsanlage vorzuführen. Dabei wurde klar, womit der CDU-Übervater für blühende Landschaften im Osten sorgen wollte und woran Helmut Kohl letztendlich gescheitert ist: „Früher wurde der mit Wasser durchsetze Klärschlamm mit Lastwagen in die östlichen Bundesländer transportiert und für den Landbau verwertet“, berichtete nämlich der Betriebsleiter bei dem Besuch, doch wegen der hohen Transportkosten stellten die Gärtringer die Düngemittelausfuhr ein.

Wäre Thomas S. Bopp schon viel früher in Gang gekommen, wäre das Netz für die Elektroräder-Ausleihe längst bis in den Osten ausgebaut, würden die Landschaften dort heute anders aussehen. Stattdessen muss der Klärschlamm unter einer gewächshausartigen Bedachung getrocknet werden. „Ein Leuchtturmprojekt“ nannte Paul Nemeth die Anlage, vermutlich weil dort jetzt die Politikerkarrieren gedeihen. Wahlkampf ist schließlich nichts anderes als eine Schlammschlacht.

Mercaden und Breuningerland im Konkurrenzkampf

Ein wahrer Stellungskrieg um den Konsumenten findet derzeit in Böblingen und Sindelfingen statt. Während das Mercaden freudig seinen ersten Geburtstag vorbereitet, verkündete das Breuningerland einen ersten Platz – als „erfolgreichstes deutsches Einkaufszentrum“. In dem Ranking, für das die Mieter die Noten geben, tauchte das Mercaden gar nicht auf. Als das Breuningerland dann am Samstag zum Mitternachtsshopping einlud, versuchte Böblingen die Shopper mit einem Sonntagsverkauf früh ins Bett zu bringen. Am kommenden Wochenende kommt diese Strategie erneut zum Einsatz: Während in Böblingen beim Mercadance bis in die Puppen gefeiert werden soll, locken die Sindelfinger mit „dem letzten verkaufsoffenen Sonntag des Jahres“, den man allein deshalb nicht verpassen sollte. Zwar hält sich das Breuningerland fein heraus, aber dafür werden in dem Konkurrenzkampf die Kleinen an die Front geschickt – beim großen Kinderfest. Damit auch die Herrenberger und Holzgerlinger trotz mangelnder E-Bike-Station nachhaltig nach Sindelfingen kommen, wird ihre Mobilität mit einem kostenlosen Parkplatz in der Tiefgarage gefördert. Und für Paul Nemeth findet sich sicherlich noch ein Landeplatz.