Der FC Bayern will seine Satzung ändern. Raus soll: „Mitglied können nur unbescholtene Personen werden.“ Einen Zusammenhang mit dem Fall Uli Hoeneß halten die Münchner aber für konstruiert.

Stuttgart - Die Welt könnte doppelt so schön sein – aber wir Menschen machen uns das Leben zur Hölle, weil wir viele Dinge falsch verstehen. Das abschreckendste Beispiel dafür ist und bleibt Ronald Reagan, der als US-Präsident anno 1984 anlässlich eines Radiointerviews sagte: „Liebe Landsleute, ich freue mich, Ihnen mitteilen zu dürfen, dass ich heute ein Gesetz unterzeichnet habe, das die Russen für vogelfrei erklärt – wir beginnen in fünf Minuten mit der Bombardierung.“

 

Warum hätten es die Amerikaner nicht glauben sollen? Die Rechnung war einfach, zwei und zwei ist vier, sagten sie sich, so ist er halt, unser Cowboy – und ungekämmt und unrasiert packten die besonders Besorgten hastig das Nötigste zusammen, um Hals über Kopf die Flucht in den nächstbesten Atomschutzbunker anzutreten. Dreißig Jahre später lachen wir alle darüber, Moskau, Washington und Berlin stehen noch, und alles war halb so wild: Reagan konnte ja nicht ahnen, dass die Mikrofonprobe schon vorbei und er längst auf Sendung war.

Satzungsänderung für verurteilten Straftäter?

Das sind diese Missverständnisse, die Gott und die Welt in Atem halten, oder den Sport wie in diesen Tagen – dabei ist es diesmal nur eine kleine Satzungsänderung des FC Bayern München, die zu völlig falschen und haltlosen Schlüssen führt.

Zumindest die Münchner sehen das so. Verständnislos schütteln sie den Kopf ob der Mutmaßungen und Spekulationen, die wild ins Kraut schießen, seit sie bei der Vorbereitung ihrer für diesen Freitag anberaumten Hauptversammlung allen Bayern-Mitgliedern vorsorglich mitgeteilt haben, dass sie über eine Neuformulierung in der Satzung abzustimmen haben – genau gesagt soll der Wortlaut in Artikel 7 über die Aufnahme neuer Mitglieder geringfügig umbenannt werden.

Bisher hieß es da: „Als Mitglied können nur unbescholtene Personen aufgenommen werden.“ Künftig soll es nun heißen: „Mitglied kann jede natürliche Person werden, welche die Ziele des Clubs unterstützt.“

Die Arglosen unter uns, also du oder ich, denken sich an der Stelle zunächst einmal gar nichts, stochern nicht krampfhaft nach Hintergründen und zucken allenfalls mit den Schultern. Aber wie so oft gibt es natürlich auch andere, die zum nachdenklichen Grübeln neigen, sich gerne den Kopf zermartern und in solchen Momenten auf die abwegigsten Gedanken kommen – zwei und zwei ist vier, sagen auch sie, und ihre einfache Rechnung ist mit einem einzigen Wort gelöst: Hoeneß.

So schnell ist ein Zusammenhang hergestellt zwischen der geplanten Änderung eines Unbescholtenheitsparagrafen und dem ehemaligen Präsidenten und Aufsichtsratschef Uli Hoeneß, der demnächst das Gefängnis als Freigänger vermutlich wieder regelmäßig verlässt und dann tagsüber im Jugendbereich des FC Bayern arbeiten soll.

Ist alles nur Zufall?

Dabei ist es in Wahrheit ja der purste Zufall, dass die zwei Dinge zeitlich so gut wie zusammenfallen – beteuern jetzt die Bayern.

Folgerichtig heben sie in Gedanken die Finger zum Schwur gegen alle bösen Zungen, die diese Satzungsänderung als klugen, pfiffigen, vorbeugenden Schachzug gegen lästige Fragen betrachten und dabei so argumentieren: Beim bisherigen Wortlaut des Paragrafen könnte das für die Aufnahme neuer Mitglieder zuständige Präsidium schlimmstenfalls in Erklärungsnotstand geraten, wenn beispielsweise ein mit seiner Bewerbung abgeblitzter Vorbestrafter oder Freigänger Einspruch erhebt und womöglich lauthals dafür plädiert, dass Hoeneß ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegt – und am besten auch gleich noch Vorstandschef Kalle Rummenigge, der seit dem Versuch des unerlaubten Grenzübertritts seiner zwei Luxusuhren aus Katar ja auch nicht mehr als unvorbestraft oder gänzlich unbescholten durchgeht.

Aber darum, wir wiederholen uns, ist es den Münchnern überhaupt nicht gegangen, als ihnen die Idee kam, die alte Passage in der Satzung etwas zeitgemäßer zu fassen - und deshalb sind all die Spekulationen, dass Hoeneß der Grund dafür gewesen sein könnte, dem FC Bayern jetzt kein überflüssiges Wort zuviel wert. „Der Verein“, hat die Onlineausgabe des „Handelsblatts“ ihren Lesern mitgeteilt, „wollte sich zu einer entsprechenden Anfrage trotz mehrfacher Kontaktversuche nicht äußern.“ Immerhin wurde Präsident Karl Hopfner in „Bild“ kurz deutlich bezüglich der Versuche, zwischen Äpfel und Birnen und Hoeneß und der Satzungsänderung einen Zusammenhang herzustellen. „Hanebüchen“, grantelte er.

So oder so, am Freitag wird abgestimmt, und wenn 75 Prozent der anwesenden Mitglieder ja sagen, werden viele spontan wieder an die kürzliche Überschrift von „Focus.de“ denken müssen: „Neue Chance für Kriminelle: FC Bayern ändert Satzung.“