Kinder fragen, und das ist auch gut so, denn wer nicht fragt, bleibt dumm. Doch muss es dabei gleich so grundsätzlich werden?, fragt sich unser Kolumnist Dieter Fuchs angesichts der Fragen seines eigenen Sprösslings.

Seite Drei: Dieter Fuchs (fu)

Stuttgart - „Papa, warum musst du eigentlich immer arbeiten?“ Die großen Fragen treffen einen ja oft unerwartet. Ein Schicksalsschlag, ein Hormonschub in der Pubertät, das Ende einer Beziehung – und schon stellt sich die Frage nach dem Sinn des Lebens und was die Welt zusammenhält. Irgendwann verlieren solche Fragen ihre Dringlichkeit. Bis Kinder kommen und nachbohren.

 

Die Frage nach dem Sinn meiner Erwerbstätigkeit ist selbstredend suggestiv. Mein Sohn würde lieber noch eine Runde Fangen spielen oder sich Kreisverkehre aus Knet formen lassen. Andererseits: er will es wirklich genau wissen. Als Meister der Kausalzusammenhänge würde er mir unbefriedigende Erklärungen irgendwann um die Ohren hauen. Tatsächlich lässt die Antwort Rückschlüsse auf die Konstruktion unserer Gesellschaft zu.

Also gleich mit der Erbsünde einsteigen? Sicher, es ist plausibel, dass wir unser Brot im Schweiße unseres Angesichts erarbeiten müssen, weil Adam mal einen Apfel aß. Aber doch ein wenig kompliziert für einen Dreijährigen. Also die leistungsorientierte Variante? Arbeit als Mittel der Selbstverwirklichung und Dienst an der Gesellschaft. Hm, womöglich wird er dann noch Politiker. Also die praktische, bodenständige Erklärung. „Ich gehe arbeiten, damit wir einkaufen können.“ Dann wird er auch gleich in die Grundlagen des Kapitalismus eingeführt. „Sachen im Supermarkt?“ „Ja“. „Dann kannst du mir heute Abend ein Eis mitbringen?“ Er hat es verstanden. Aber es gibt noch weit grundsätzlichere Dialoge.

Für die Verbote sind die Eltern zuständig

„Böser Papa.“

„Wie kommst du denn darauf? Sei nicht so frech.“

„Ich nicht gesagt blöder Papa.“

„Na hoffentlich. Aber böser Papa ist auch nicht besser als blöder Papa.“

„Und jetzt kommt der Polizist, ich ins Gefängnis, und ich komme nie wieder raus?“

„Wieso?“

„Weil ich böser Papa gesagt habe?“

„Nein, so schlimm war das auch nicht. Manche Sachen sind verboten, andere sind böse. Und die Polizei kommt nur zu den bösen Menschen.“

„Der Polizist kommt nicht, wenn ich die Wand rot mache?“

„Nein, für die Verbote sind die Eltern zuständig.“

„Ich lieb – tierlieb. Aber die Wölfe sind böse?“

„So einfach kann man das nicht sagen. Manche Wölfe sind lieb, andere sind böse. Das ist bei allen so – bei Menschen, Löwen und bei Füchsen.“

„Dann gibt es liebe Autos und böse Autos, liebe Traktoren und böse Traktoren?“

„Na ja, manchmal kann man das schon glauben.“

„Und Katzen?“

„Auch Katzen.“

„Und Schnecken?“

„Schnecken sind fast immer lieb. Auf keinen Fall darf man auf sie treten, weil das so schön knackt. Du darfst keinem Tier wehtun.“

„Und Mücken?“

„Ähh – das ist die Ausnahme. Schnaken sind alle böse!“