Im Dunstkreis der Spiele wärmen sich immer wieder Sportarten auf, die demnächst auch offiziell zum Programm zählen möchten.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

München - Pierre de Coubertin, der Erfinder der neuzeitlichen Spiele, war von Haus aus Ruderer und Schütze. Zudem ritt er, weil man in seinen Kreisen (die Familie zählte zu den vornehmsten von Paris) nun einmal ritt. Allerdings schaffte er es, sich aus seinen adligen Zusammenhängen einigermaßen zu lösen und den obligatorischen Dünkel weitgehend aufzugeben, machte dann aber doch seinen Einfluss massiv geltend, als zum ersten Mal das Programm  für Athen 1896 zusammengestellt wurde. Coubertin votierte für den Schießsport – und setzte sich durch.

 

Nur 1904 in St. Louis und 1928  in Amsterdam wurden diese Wettbewerbe ausgesetzt. 1948, als die Spiele in London ausgetragen wurden, hätte man denken können, dass ausgerechnet Schießen vielleicht nicht berücksichtig worden wäre. Aber da waren sie auch schon wieder, die Schützen: mit dem Kleinkaliber, der Freien Scheibenpistole, beim Dreistellungskampf und mit der Schnellfeuerpistole am Werk – und aus aller Welt. Die jeweiligen Sieger kamen aus den USA, der Schweiz, Ungarn und aus Peru. Mittlerweile sind unter anderem Trap und Skeet als Disziplinen dazu gekommen, aber das Schießen erschließt sich recht eigentlich nur dem Schützen selber, da ist nichts zu machen. Zaungäste bleiben Zaungäste (und ziehen besser den Kopf ein).

Neue Sportarten dürfen sich warm machen

Dass die Spiele programmatisch mit der Leichtathletik und den mehr oder minder klassischen Ballsportarten ein Gerüst haben, hat sich als richtig erwiesen. Ebenso richtig aber ist, dass von Zeit zu Zeit neue Sportarten ausprobiert werden, die sich gewissermaßen im Dunstkreis schon einmal warm machen dürfen beziehungsweise für sich werben am Rande der angestammten Wettbewerbe.

Immer wieder mal versucht sich das Kanupolo, das nach recht eigenartigen Regeln abläuft. Es darf nämlich in den jeweiligen Fünferteams der ballführende Paddler geschubst und sogar zum Kentern gebracht werden. Keine schönen olympischen Perspektiven. Aber auch zunächst den einen oder anderen fremd anmutende Sportarten haben sich schließlich durchgesetzt: Judo zum Beispiel kam ins Programm, weil die Spiele dem Gastgeberland Japan 1964 Referenz erweisen wollten.

Wäre es nach dem letzten deutschen Kaiser gegangen, hätte die olympische Bewegung das früher haben können. Wilhelm II. war von der Demonstration einer japanischen Gesandtschaft in Sachen Judo so angetan, dass er ganzen  Kadettenanstalten den Sport verordnen ließ. Taekwondo ist sei den Spielen in Seoul im Wettbewerb.

Frisbee wird es wohl nie schaffen

Frisbee hingegen (nicht zu verachten: körperloses Spiel, kein Schiedsrichter) wird es wohl kaum je auf die Agenda schaffen. Vielleicht ist es aber ganz gut, dass ansonsten flächendeckend beliebte, nun ja, Sportarten nicht mehr oder gar nicht erst berücksichtigt werden. Wer von der Formel 1 infiziert ist, dürfte sich kaum mehr abspeisen lassen von jenen Zuverlässigkeitsfahrten, die in Paris 1900 dazu gehörten: Lieferwagen und Taxis wurden noch einmal in Extraklassen aufgeteilt. Damals und vier Jahre später wurde auch Golf berücksichtigt, wobei sich heutzutage, wie beim Tennis, wohl herausstellte, dass die üblichen Profis der jeweiligen Tour dann eben doch den Sieg unter sich ausmachen. Kolibris haben keine Chance.

Dabei hat sich die Frage  „to put or not to put“ kurioserweise ausgerechnet in England heuer nicht gestellt. Golfen soll erst  wieder olympische Disziplin werden, wenn es erheblich mehr Mühsal bedeutet, das Gras wachsen zu lassen und zu wässern: 2016, in Rio de Janeiro.