Doppelstrategie bei der Stadtbahn, Doppelstrategie beim Staatsarchiv: Die neueste Rathaus-Masche, zweigleisig zu fahren, bietet ungeahnte Möglichkeiten.

Region: Verena Mayer (ena)

Ludwigsburg - Was ist besser: Zwei Lösungen oder keine? Zwei Antworten oder keine? Sind womöglich sogar zwei Fragen besser als keine? Heißt es nicht immer: „Wer nicht fragt, bleibt dumm?“ Das Einzige, von dem gewiss ist, dass es in doppelter Ausführung vorhanden ist, sind Gleise. Wenn es in Ludwigsburg keine zwei Gleise gäbe, dann wüsste schon längst kein normaler Mensch mehr, welcher Weg einzuschlagen ist. Jener, der zu einer (hohen oder einer niederen) Stadtbahn führt oder jener, der zu einer schienenlosen Stadtbahn führt.

 

Der Segen der Zweigleisigkeit

Schon öfter ist in diesem Zusammenhang der Segen der Zweigleisigkeit erörtert worden, die es dem Oberbürgermeister Werner Spec ermöglicht, sowohl seine geliebte schienenlose Stadtbahn (auch bekannt als Schnellbusse) prüfen zu lassen, als auch die von anderen geliebte richtige Stadtbahn. Nun allerdings ist der Oberbürgermeister auch bei seinem anderen Lieblingsprojekt zweigleisig unterwegs – beim Staatsarchiv. Die ausgeguckten Projektentwickler dürfen deshalb Pläne für den Fall entwickeln, dass das Staatsarchiv sein Haus am Arsenalplatz tatsächlich unter gar keinen Umständen räumen will – und für den anderen Fall, dass die Hüter der Geschichte doch noch klein beigeben und der Vorsteher der Stadt das Grundstück doch noch nach seinem Gusto aufpeppen darf.

Zwei Rechnungen, das an dieser Stelle, sind aus der Sicht der Planer natürlich besser als eine oder gar keine. Obwohl es doch immer wieder heißt: Fragen kostet nichts. Aber das ist natürlich nur ein kleingeistiger Einwand, der, wenn jeder so reden würde, allenfalls dazu führte, dass kein Weg jemals gegangen wird. Und außerdem, wenn man mal versucht, großgeistig zu denken, bietet die Ludwigsburger Doppelstrategie ausgesprochen reizvolle Möglichkeiten.

Ein langweiliger Gemeinderat und ein folgsamer Gemeinderat

Wenn es alles, was man will, in zwei Versionen geben kann, dann wären auch, grübel grübel, zwei Gemeinderäte eine famose Sache. Ein Gemeinderat, der einmütig über verkaufsoffene Sonntage abstimmt und sich dankbar Jahresberichte der Volkshochschule anhört. Und einen, der frohgemut und jubelnd jeder Taube auf jedem Dach nachstellt, die der Oberbürgermeister entdeckt hat. Getreu dem Motto: Höre nicht Nein, wenn du Ja hören willst! Diese Vorstellung muss schnurstracks zu zwei Versionen einer Stadt führen. Hier die Stadt, die dafür sorgt, dass es Betreuungsplätze für Kinder gibt, durch kein Schulhaus der Regen fällt und die Straßen keine Löcher haben. Und dort die Stadt, die alte Mauern einreißen will (den Bahnhof zum Beispiel), der kein Vorhaben zu groß ist (siehe vorne) und keine Vision zu visionär (Stichwort: die digitalisierte smart City). Wenn es nicht viel zu weit hergeholt wäre, könnte man sich auch noch zwei Welten ausmalen, die in Ludwigsburg parallel existieren. Aber, ups, tatsächlich muss man diese Vorstellung gar nicht von weit her holen, sondern nur mal den Gemeinderat besuchen.

In der jüngsten Sitzung konnte man dort beobachten: Den Oberbürgermeister, der über die stetige und stets erfolgreiche Neuerfindung der Stadt referierte, und die Stadträte, die – sofern sie anwesend waren, Bedenken äußerten oder in ihren I-pads Klamotten anschauten.

Aber natürlich ist das gar kein Problem, es gibt eine Lösung – und zwar nur eine einzige: Das Beste aus beiden Welten. Nur eine Frage noch: Was ist das Beste? Ach, und noch eine: Wer bestimmt das?