Sommertier und Sommerhit? Fehlanzeige. Dafür gibt’s Klopapier-Propaganda, „Star-Wars“-Leninisten und einen doppelten Steffen Bilger. Die Sommerloch-Kolumne.

Ludwigsburg - Ludwigsburg, Ende August. Wir befinden uns immer noch im tiefsten Sommerloch. In diesem Jahr sogar noch tiefer, denn bislang fehlt vom obligatorischen Sommerloch-Tier jede Spur. Wo sind Flecki, Sammy oder Yvonne, wenn man sie mal in einer nachrichtenarmen Zeit braucht? Vielleicht gab es beim Verband der Sommerlochtiere eine Art Stillhalteabkommen für 2017, damit in der heißen Phase des Bundestagswahlkampfs ja keine politischen Botschaften der Parteien dem exorbitanten Nachrichtenwert einer entflohenen Kuh oder eines vermissten Hundes untergeordnet sind. Zum Wahlkampf kommen wir noch.

 

Wir hier im Landkreis können uns tiertechnisch eigentlich nicht beklagen: Vergangene Woche Schäferlauf in Markgröningen, dieses Wochenende Pferdemarkt in Bietigheim-Bissingen. Nur sticht aus der Masse der Tiere kein charismatischer Exponent heraus, der den Kreis in Atem hält. Es fehlt quasi der Schlagzeilen-Leithammel. Aber immerhin gibt’s Rummel, und das ist ja auch schon mal was.

Toilettenpapier-Propaganda per Pressemitteilung

Vielleicht ist uns deswegen eine besondere Meldung durch die Lappen gegangen: Am Samstag war der internationale Tag des Toilettenpapiers. Ein Hersteller von feuchtem Klopapier hat uns hierzu eine Pressemitteilung geschickt. „Feuchtes Toilettenpapier ist nicht das Problem“, heißt es da in Anbetracht von verstopften Abflüssen. Bei so viel Gewissheit in der Formulierung muss der sommerlochgeplagte Redakteur an eine andere Volksweisheit denken, die in der Zeit der vielen Sommerfeschtle häufig zitiert wird: Kein Alkohol ist auch keine Lösung. Vielleicht hat der Klopapier-Slogan ja das Zeug zum Sommerhit in den Musikcharts? Der fehlt in diesem Jahr nämlich ebenfalls. Es scheint wirklich so, als ob die typischen Sommerlochthemen in diesem Jahr, wenn überhaupt, später aufs Tableau kommen: Nämlich im Herbst.

Jetzt ist erst mal Wahlkampf! Sie haben es sicher aufgrund der vielen Wahlplakate bemerkt. Da gibt es beispielsweise den Christian-Lindner-Personenkult der FDP, dessen Plakate die Anmut und Ästhetik einer Parfumwerbung haben. Aber Personalisierung zieht eben. Wenn man nur oft genug das Gesicht eines Politikers sieht, wählt man ihn auch irgendwann.

Steffen Bilger im Mise en abyme

Das mag sich auch Steffen Bilger gedacht haben, der CDU-Direktkandidat im Wahlkreis Ludwigsburg. In der aktuellen Mitgliederzeitschrift des CDU-Stadtverbandes Ludwigsburg schafft er es, auf den insgesamt 31 Seiten des Magazins auf sage und schreibe 32 Fotos abgebildet zu sein – und dabei haben wir die künstlerisch besonders reizvollen Fotos, wo Bilger vor einem Bilger-Plakat steht, nicht doppelt gezählt. Für Literaturwissenschaftler und Kunsthistoriker ergeben sich hier ungeahnte Möglichkeiten der Interpretation: Ein Bild, das sich selbst als Bild enthält, nennt man Mise en abyme. Die bodenlose Wiederholung des ewig Gleichen. Parallelen zum CDU-Wahlprogramm sind natürlich reiner Zufall.

Unfreiwillig komisch wirkt manches Plakat der marxistisch-leninistischen Partei (MLPD). „Werde Teil der Rebellion“, steht da beispielsweise. Die meisten Wähler werden bei diesem Spruch aber nicht an Lenin denken, sondern vielmehr an „Star Wars“. Um dann beim nächsten MLPD-Plakat gleich einen Formulierungsfehler zu entdecken. Da heißt es: „Gegen jede imperialistische Aggression.“ „Star-Wars“-Fans wissen natürlich, dass es „imperiale Aggression“ heißen muss. Aber wer so viel mit Widerstand beschäftigt ist wie die MLPD, kann sich mit Formulierungsfeinheiten nicht aufhalten.

Klopapier und politische Botschaften

Die in dieser Kolumne bewusst nicht geleistete Verbindung zwischen Klopapier und politischen Botschaften wollen wir nun jedoch der Fantasie des Lesers überlassen. Vielleicht hilft dabei ja das hier abgebildete Produkt: Tweets von US-Präsident Donald Trump, gedruckt auf Toilettenpapier. Gibt’s wirklich!