Die Vorhersage der Zukunft oblag im alten Rom einer Vielzahl von Spezialisten. Diese Spezialisten heißen jetzt Börsenanalysten und  gehören zu den bestbezahlten Werktätigen der Welt. Aber nicht zu den besten, schreibt Peter Glaser.

 „Zur Ausbildung einer freien Prophetie, die der politischen Führung Konkurrenz machen konnte, kam es in Rom nicht. ... Die Prüfung des Götterwillens oblag grundsätzlich dem Staat, der sie durch sachkundige Seher nach einem verwickelten Regelwerk durchführen ließ. “ 

 
-- Aus dem Wikipedia-Artikel „ Römische Religion
 
Die Vorhersage der Zukunft oblag im alten Rom einer Vielzahl von Spezialisten. Neben dem Blitzspotting und dem Totenorakel waren es vor allem Vogelschauer und Eingeweideleser, die sich über göttliche Richtungsweisungen zu informieren suchten. Gegenüber den Auguren, die auf deutbare Vogelschwärme angewiesen waren, hatten die Haruspices den Vorteil, dass sie jederzeit ein Tier opfern und so viel schneller zu einer gedärmgestützten Hochrechnung kommen konnten. 
 
Heute haben wir einen neuen Grad an Beschleunigung erreicht, die Spezialisten heißen jetzt Börsenanalysten. Neben Softwareherstellern, Sultanen und mexikanischen Drogenbaronen gehören sie zu den bestbezahlten Werktätigen der Welt. Was sie vorhersehen, läßt Milliardenwerte entstehen und vergehen. 
 
Philipp Elmer-DeWitt, eines der Urgesteine des amerikanischen Computerjournalismus, führt seit drei Jahren eine Liste, auf der sich professionelle Wall-Street-Analysten in ihren Einschätzungen mit Amateuren messen müssen – und zwar jeweils kurz vor Veröffentlichung des Quartals-Geschäftsberichts der Firma Apple (Das Magazin „Fortune“, für das er arbeitet, ist berühmt für seine Listen, wie etwa die „Fortune 500“.)
 
In den ersten beiden Jahren schlugen die risikofreudigeren Amateure die konservativen Profis, und zwar oft mit deutlichem Abstand. Das hat sich im Lauf des letzten Jahres verändert. Mehrmals hat Apple die überhitzten Schätzungen der Amateure enttäuscht. Die Jungs von der Wall Street haben sich acht der ersten zehn Plätze zurückgeholt, die alle von Amateuren besetzt waren. 
 
Heißt das, dass nun wieder die Profis das Heft in der Hand haben? Nicht unbedingt. Sie haben sich nicht nur wieder auf die Spitzenplätze vorgearbeitet – sie besetzen auch neun der zehn schlechtesten Plätze. Es gibt also beim Ausschauhalten noch Raum für Verbesserungen.
 
Und hier noch der Tweet der Woche: