Die Kombilösung zwischen den beiden Konzepten für Stuttgart 21 ist nicht neu. Vor etlichen Jahren wurde sie bereits verworfen.

Stuttgart - Damit hatte keiner gerechnet. Statt sich im Bahnhofsstreit für eines der vorliegenden Konzepte - Stuttgart21 oder K21 - zu entscheiden, zog Schlichter Heiner Geißler am Ende der Stresstest-Präsentation die Unterlagen für die sogenannte Kombilösung aus der Tasche. Der pathetische Titel des Papiers, das einen Ausweg aus der verfahrenen Lage weisen soll: "Frieden in Stuttgart" (PDF).

 

Das Konzept, das von dem renommierten Zürcher Bahnexperten Werner Stohler entwickelt wurde, sieht vor: statt eines achtgleisigen Tiefbahnhofes nur eine viergleisige Station in Tieflage. In dieser könnte der Schnellverkehr der Linie Mannheim-Stuttgart-Ulm abgewickelt werden, mit Flughafenanschluss über die geplante ICE-Trasse nach Ulm. Die Länge der Tunnelstrecken würde sich von knapp 48 auf etwa 26 Kilometer verringern, der Tiefbahnhof würde kleiner werden (51 statt 81 Meter breit; 1000 statt 1350 Meter lang, weil deutlich weniger Weichen notwendig wären). Der Kopfbahnhof würde bestehen bleiben, allerdings in etwas reduzierter Form mit etwas weniger Gleisen. Mit dieser Lösung, sagt Werner Stohler, erreiche man eine höhere Bahnhofskapazität, und dies für zweieinhalb bis drei Milliarden Euro (Stuttgart21: 4,1 Milliarden Euro).

"Vorteile sind eher Nachteile"

Gegen diese Auffassung sind verschiedene Einsprüche erhoben worden, so von Oberbürgermeister Wolfgang Schuster und vom Verband Region Stuttgart. Diese entsprechen im Kern den Vorbehalten, die bereits 1997 im Raumordnungsverfahren und 2005 im Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahnbundesamtes (Eba) zu Stuttgart21 gegen die Kombinationslösung erhoben wurden. So heißt es dort: die Kombinationslösungen, denen das Eba durchaus eine höhere Leistungsfähigkeit als Stuttgart21 attestiert, versuchten, die Vorteile des Tiefbahnhofes zu nutzen und die mit diesem verbundenen Eingriffe zu minimieren.

Aber: "Die scheinbaren Vorteile stellen sich bei näherer Betrachtung eher als Nachteile dar." So würden die Belange des Mineralwasserschutzes ebenfalls berührt, wenn auch in geringerem Maße. Im Bereich des Hauptbahnhofes werde "möglicherweise" aber ein stärkerer Eingriff in die wasserführenden Schichten notwendig, weil der Durchgangsbahnhof der Kombivariante wegen des bestehenden Kopfbahnhofes tiefer liegen müsste als bei Stuttgart21. Die beiden Seitenflügel des Bonatz-Baus müssten "zumindest teilweise" abgebrochen werden. Heiner Geißler und Werner Stohler halten dies beim Südflügel nicht unbedingt für notwendig.

Lärmbelastung wird kaum reduziert

Das Eba moniert an der Kombivariante auch eine unzureichende Verknüpfung von Tief- und Kopfbahnhof und einen hohen Betriebsaufwand beider Bahnhöfe. Zudem ergäben sich nur sehr eingeschränkt städtebauliche Perspektiven, die Lärmbelastung durch den Zugverkehr könne nur in geringem Maße reduziert werden.

Die Bahn hält sich in der Sache bedeckt. "Wir haben keinen Anlass, uns zu äußern", sagt Stuttgart-21-Projektsprecher Wolfgang Dietrich. Man warte ab, "ob das Land das Konzept weiterverfolgen will". Eines aber könne man jetzt schon sagen, betont Dietrich: "Das wird mit absoluter Sicherheit teurer als Stuttgart 21 und nicht billiger." Gerhard Heimerl, der gerne als Vater von Stuttgart 21 bezeichnet wird und der schon 1988 eine solche Kombinationslösung vorgeschlagen hatte, hält den jüngsten Kompromissvorschlag im Bahnhofsstreit für nicht mehr als eine "gute Absicht von Herrn Geißler". Bahntechnisch sei die Idee durch jahrelange Weiterentwicklungen "überholt" worden. Die Argumente, die heute für die Kombinationslösung vorgebracht würden, seien "nur bedingt oder gar nicht richtig", sagt Heimerl.