Der Ruf nach der Europäischen Zentralbank wegen der geringen Preisentwicklung ist verfrüht, meint StZ-Korrespondent Klaus Dieter Oehler.

Frankfurt/Main - Den Begriff selbst nimmt Christine Lagarde nicht in den Mund. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds sagt nicht „Deflation“, warnt aber vor einer „längeren Phase mit extrem niedrigen Preissteigerungen“. Andere sind da weniger zurückhaltend und beschwören schon Turbulenzen durch eine Deflation herauf. Sollten die Preise in den Euro-Ländern nicht bald wieder spürbar stärker steigen als derzeit, dann könnte sich daraus eine gefährliche Abwärtsspirale aus sinkenden Preisen, zurückgehenden Investitionen, niedrigeren Löhnen und damit einem schwächeren Wirtschaftswachstum ergeben. Dann drohe eine Rezession.

 

Theoretisch ist eine solche Deflation denkbar, in einigen europäischen Ländern sinken die Preise bereits. Und wie das Beispiel Japan zeigt, ist es sehr schwer, eine solche Abwärtsspirale zu stoppen. Besser ist es daher, sie gar nicht erst entstehen zu lassen. Wenn es nach dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, oder nach Bundesbankpräsident Jens Weidmann geht, dann wird sich das Problem von selbst erledigen. Schon im April sollen nach ihrer Einschätzung die Preise schon wieder stärker steigen – dank der Osterferien, die für höhere Preise für Benzin, Reisen oder Hotels sorgen dürften.

Und darüber hinaus geht Notenbankchef Draghi davon aus, dass die Konjunkturerholung in den südeuropäischen Krisenstaaten langsam aber sicher dazu führen wird, dass auch dort die Preise wieder steigen, weil die Arbeitslosigkeit zurückgeht, die Unternehmen wieder mehr verdienen und daher bessere Löhne zahlen können. Vorerst wird die Erholung sogar dadurch gestützt, dass die Preise in den Krisenländern nur langsam steigen, weil dadurch ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit gestärkt wird. Die EZB möchte daher nur beobachten, nicht handeln. Und das ist auch gut so. Der Ruf nach unkonventionellen Maßnahmen der Notenbank, etwa den Aufkauf von privaten Anleihen oder Staatsanleihen, ist zumindest verfrüht, möglicherweise sogar unnötig. Schon jetzt hat sich die EZB durch ihren geldpolitischen Kurs viele Risiken aufgeladen. Vieles davon war nötig, um eine Eskalation der Euro-Krise zu verhindern. Doch zur Dauereinrichtung sollte die Notenbank die lockere Geldpolitik nicht machen.