Der Autobauer Daimler hat Erfolg in China, muss jedoch auf eine globale Balance des Absatzes achten, denn kein Autobauer sollte auf Gedeih und Verderb nur wegen schneller Umsatzzuwächse von China abhängig werden, kommentiert Harry Pretzlaff.

Stuttgart - Daimler hat eine beeindruckende Aufholjagd in China geschafft. Seit Hubertus Troska im Dezember 2012 das damals neu geschaffene Vorstandsressort für China übernommen hat, sind die Schwachstellen des Stuttgarter Autobauers im roten Riesenreich Schritt für Schritt beseitigt worden. Aus zwei verfeindeten Vertriebspartnern wurde ein schlagkräftiges Autohandels- und Werkstattnetz, zusätzliche zugkräftige Modelle werden im Werk Peking produziert; ein eigenes Entwicklungszentrum in der chinesischen Hauptstadt ist dafür zuständig, dass die Wagen an den Geschmack der zahlungskräftigen Aufsteiger angepasst werden. All dies hat dazu geführt, dass der Rückstand gegenüber den Erzrivalen Audi und BMW deutlich verkürzt wurde.

 

China ist mittlerweile mit Abstand das wichtigste Absatzland für die Marke Mercedes-Benz

Allerdings fällt damit auch immer stärker ins Gewicht, wie das Geschäft in China läuft. Die Volksrepublik ist mittlerweile mit Abstand und weit vor den USA das wichtigste Land für die Marke Mercedes-Benz, wenngleich Europa insgesamt die wichtigste Absatzregion bleibt. Das zunehmende Gewicht Chinas ist indes nicht ganz unproblematisch, weil die Entwicklung des Markts wesentlich von den Weichenstellungen der staatlichen Automobilpolitik beeinflusst wird, die seit je protektionistisch sind. So wurde im vergangenen Monat auf der Website des Industrieministeriums ein Entwurf für eine Regelung veröffentlicht, wonach bereits von 2018 an mindestens acht Prozent aller verkauften Autos Elektroautos sein müssen. Wer die Vorschrift nicht erfüllt, muss Ausgleichszahlungen leisten. Von einer solchen Regelung würden allein die rein chinesischen Autobauer profitieren, weil sie heute den Löwenanteil der Stromer verkaufen.

Es könnte teuer für die deutschen Autobauer werden

Die deutschen Hersteller dagegen könnten diese Quote in so kurzer Zeit wohl kaum erreichen. Damit könnte es teuer für sie werden. Der chinesische Industrieminister hat die Bedeutung des umstrittenen Internet-Dokuments beim Besuch des deutschen Wirtschaftsministers Gabriel zwar heruntergespielt; es handle sich nur um „Überlegungen“, es gebe kein konkreten Pläne, so der chinesische Minister.

Gleichwohl weckt dies Misstrauen. Die Führung in Peking hat seit je den Traum, dass chinesische Autobauer nicht nur den heimischen Markt dominieren, sondern auch den Weltmarkt erobern. Die Gemeinschaftsunternehmen mit den westlichen Autobauern sollten die chinesische PS-Branche dazu ertüchtigen. Bisher ist dieser Plan nicht aufgegangen; doch der lange Marsch ist noch nicht beendet. Deshalb sollte kein Autobauer auf Gedeih und Verderb von China abhängig werden. Der beste Schutz vor unliebsamen Überraschungen ist eine gute Balance der Verkäufe zwischen Europa, Amerika und Asien.