Zu viele Fragen bleiben unbeantwortet. Der VW-Vorstand leugnet Konflikte – das löst keine Probleme, denn mit verbaler Harmoniesoße können diese nicht beseitigt werden, meint Harry Pretzlaff.

Stuttgart - Länger als in den Vorjahren hat der VW-Vorstand dieses Mal bei der Vorlage der Bilanz vorgetragen, wie es beim Wolfsburger Autokonzern weitergehen soll und bei der Pressekonferenz viele Fragen von Journalisten aus aller Welt beantwortet. Das meiste war jedoch bereits bekannt. Am Ende dieses Schauspiels kann man leider nur Bertolt Brecht zitieren: „Wir stehen selbst und sehn betroffen den Vorhang zu und alle Fragen offen.“ Denn viel schlauer als zuvor ist man nach den wortreichen Ausführungen auch nicht.

 

Alle Fragen zur größten Baustelle im Abgasskandal, zur Beilegung des Streits mit Behörden, Kunden und Anlegern in den USA, blieben unbeantwortet, denn immer wieder wiesen die Vorstände bei diesem heiklen Thema nur darauf hin, dass man ja bei der in der vergangenen Woche vor einem Gericht in San Francisco ausgehandelten Grundsatzvereinbarung Stillschweigen vereinbart habe, bis die Details ausgehandelt sind. Somit bleibt unklar, was die nebulöse Formulierung „rechtliche Risiken“ eigentlich genau umfasst, für die finanzielle Vorsorge getroffen wurde.

Schwer nachvollziehbar

Es ist auch nur schwer nachvollziehbar, dass Vorstandschef Matthias Müller versichert, es gebe bei den Boni keine Kluft zwischen Aufsichtsrat und Vorstand, nachdem Wirtschaftsminister Olaf Lies als Vertreter des Großaktionärs Niedersachsen kurz zuvor über das Radio kritisiert, dass ihm der Gehaltsverzicht der Topmanager in der schwersten Krise der Unternehmensgeschichte nicht weit genug gehe.

Etwas merkwürdig klingt es zudem, wenn der von BMW abgeworbene neue VW-Markenchef Herbert Diess versichert, er fühle sich sehr wohl in Wolfsburg, und er gleich zweimal betont, sehr zufrieden mit der Entwicklung in den ersten Monaten zu sein. Und das, nachdem der mächtige Betriebsratschef öffentlich über ein „gravierendes Vertrauensproblem“ mit Diess geklagt hat. Mit verbaler Harmoniesoße können die Probleme nicht beseitigt werden. Das Wolfsburger Drama dürfte noch manche Überraschung bringen.