Die neue afghanische Führung hat den Weg für einen weiteren internationalen Militäreinsatz ab 2015 freigemacht. Die Unterzeichnung des Sicherheitsabkommens ist ein kleiner Fortschritt, bringt aber nicht die Wende, meint Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Angesichts des politischen Stillstandes, des wirtschaftlichen Rückfalls und der militärischen Stagnation muss man für jeden Hoffnungsschimmer dankbar sein, der sich in Afghanistan zeigt. Die Vereidigung von Präsident Aschraf Ghani sowie die lang erwartete Unterzeichnung der Sicherheitsabkommen mit den USA und der Nato sind zweifellos Fortschritte – sie als Wende zum Guten zu bezeichnen, wäre aber wohl übertrieben.

 

Nunmehr ist wenigstens gesichert, dass sich die internationale Schutztruppe Ende des Jahres nicht gänzlich vom Hindukusch zurückzieht. Dies hätte nicht nur die nach Hilfe von außen begierige Bevölkerung in Verzweiflung gestürzt, sondern auch einen neuen Freiraum für den internationalen Terrorismus geboten. Der immer höhere Blutzoll der afghanischen Sicherheitskräfte beweist, dass sie mit den Aufständischen nicht allein fertig werden. Und gerade erst hat sich im Irak erwiesen, wie schnell die Terrormiliz IS das Vakuum mangels staatlicher Strukturen gefüllt hat. Dies könnte sich in Afghanistan wiederholen, wo die Extremisten aus zahlreichen Ländern ohnehin einen gut vernetzten Kampf führen.

Eine fast nur noch symbolische Präsenz

Die geplante militärische Beratungs- und Ausbildungsmission sichert Afghanistan wenigstens weitere weltweite Aufmerksamkeit – kaum mehr. Vorgesehen ist, dass sich die Schutztruppe mit Beginn des nächsten Jahres auf Kabul und vier weitere strategisch wichtige Städte konzentriert. 2016 soll sie sich dann nach Kabul zurückziehen und bis Anfang 2017 das Land vollends verlassen. Insofern handelt es sich, gemessen an den Herausforderungen in der Fläche, fast nur noch um eine symbolische Präsenz. Ein massiverer militärischer Rückhalt wäre wünschenswert, um Zeit zu gewinnen für den Aufbau einiger Zentren – als Leuchttürme für den Rest des Landes. In Kundus zum Beispiel vollzieht sich seit dem Abzug der Bundeswehr vor genau einem Jahr schon wieder der Niedergang. Es mangelt an Sicherheit und Arbeit.

Doch die deutschen Militärs und ihre Verbündeten sehen Afghanistan im Grunde nur noch als lästige Pflichtaufgabe, der man sich schnell entledigen möchte, ohne selbst noch Opfer zu riskieren. Um diese defensive Haltung zu kaschieren, werden die Fähigkeiten der einheimischen Sicherheitskräfte schön geredet. Dabei sind sie zum Teil schlechter ausgerüstet als die Aufständischen und werden vielerorts von den Angreifern geradezu überrannt.