Den Profifußballern zu helfen, gehört für die Stadt zum guten Ton. Andere Sportarten würden auch gerne so geschätzt werden, meint StZ-Autor Jörg Nauke.

Stuttgart - Es hat Kickers-Präsident Rainer Lorz nicht gefallen, sich zum geplanten Verkauf des letzten „blauen“ Tafelsilbers im Gazi-Stadion äußern zu müssen. Im Profifußball hält man mit Vertragsinhalten gewöhnlich hinterm Berg. Und in der Tat ist der Verkauf der Videotafel Verschlusssache: Dass die Stadt 375 000 Euro aufwenden soll, um dem in die Viertklassigkeit gestürzten Club aus der Liquiditätsfalle zu helfen, wird im Rathaus hinter verschlossenen Türen verhandelt. Dabei ist diese x-te Hilfsaktion für die Kickers mit Steuergeld von öffentlichem Interesse.

 

Man muss wohl feststellen, dass auch dieser Proficlub weder aus der Vergangenheit gelernt, noch für schlechtere Zeiten Vorsorge getroffen hat. Geht es einmal abwärts, bricht das Kartenhaus zusammen. Dabei ist anzunehmen, dass Sponsoren und Investoren maximale Unterstützung gewähren, es aber trotzdem nicht reicht. Die Finanzämter wachen streng darüber, dass es für Zahlungen werthaltige Gegenleistungen gibt, die eine Anerkennung als Betriebsausgabe rechtfertigen. Alles andere fällt unter nicht abzugsfähiges Mäzenatentum, das die Kickers in früheren Zeiten als Geschäftsmodell favorisiert hatten. Stadträte dürfen sich vorgeführt fühlen

Um den Stadträten die Zustimmung abzuringen, wird nun der Eindruck erweckt, der Eigentumsübergang sei zwangsläufig, und das Umbaupaket werde durch ihn erst stimmig. Das ist Unsinn. Würde man dieser Argumentation folgen, müsste man die Verantwortlichen bei der Stadt fragen, warum sie damit nicht gekommen waren, als öffentlich diskutiert wurde, welche Neuerungen neben der Haupttribüne und der Rasenheizung noch finanzierbar sein könnten? Die Videowand wurde bewusst als Eigenanteil des Hauptmieters betrachtet. Nur ein Jahr später soll sie die Stadt in ihr Anlagevermögen übernehmen. Die Stadträte dürften sich vorgeführt fühlen.

Die Vorzugsbehandlung durch die Stadt sorgt bei den Verantwortlichen vieler anderer Stuttgarter Vereine schon lange für Frust. Erstaunlich ist die Selbstverständlichkeit, mit der die Stadt ihre helfende Hand reicht und mit der die Profifußballvertreter voraussetzen, dass sich in Notzeiten zwingend der Vermieter daran zu beteiligen hat, die Situation zu verbessern. Einen Zahn gilt es im Rathaus den Kickers ohne Betäubung zu ziehen: die marode Gegentribüne wird, auch wenn die Gelegenheit günstig wäre, nicht für die zweite Liga modernisiert, sondern lediglich auf Regionalliganiveau gebracht.