Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt hat seine Vorstellung für eine PKW-Maut auf den Tisch gelegt. Herausgekommen ist kein großer Wurf. Die geplante Abgabe bringt zu wenig, kommentiert Armin Käfer.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Vorweg ein Lob an den Bundesmautminister Alexander Dobrindt. Dafür gibt es fünf Gründe: Erstens hat er mit seinem „Infrastrukturabgabengesetz“ den eigenen Zeitplan eingehalten und wie versprochen vor Ende Oktober einen Entwurf ausgetüftelt. Zweitens ist es ihm gelungen, die Vorgaben des Koalitionsvertrags einzuhalten – was einer Quadratur des Kreisverkehrs gleichkommt. Drittens scheint er mittlerweile ja auch die skeptische EU-Bürokratie überzeugt zu haben. Zumindest signalisiert der scheidende Verkehrskommissar grünes Licht. Viertens hat er die Stoppschilder umkurvt, die Leute aus den eigenen Reihen aufgestellt haben – Ministerkollegen und Provinzfürsten aus CDU und CSU. Und schließlich bremst er jetzt die Bundesländer aus. Sie dürfen nun weder mitbestimmen noch die Hand aufhalten, wenn es darum geht, die Mauteinnahmen zu verteilen.

 

All dies bedeutet aber keineswegs, dass Dobrindt ein großer Wurf gelungen wäre. Im Gegenteil, seine Maut hat erhebliche Macken. Das war von Anfang an so. Sie dient nicht verkehrspolitischen Zwecken, was eigentlich unterstellt werden dürfte, sondern allein dem populistischen Kalkül Horst Seehofers. Er hat die Idee mit der Holländer-Vignette erfunden, um kurz vor der Doppelwahl vor einem Jahr möglichst viele Bayern zu veranlassen, bei der Stimmabgabe in Richtung CSU abzubiegen.

Ökologisch unsinnig, ungerecht und uneffektiv

Natürlich ist nichts dagegen einzuwenden, Autofahrer aus anderen Ländern zur Kasse zu bitten, wenn sie deutsche Autobahnen benutzen. Uns ergeht das umgekehrt ja meist ebenso, wenn wir ins Ausland reisen. Die Dobrindt-Maut beruht aber nicht auf einem zukunftsweisenden Konzept. Sie folgt eher einer mittelalterlichen Raubrittermentalität. Sie erfordert auch in abgespeckter Version reichlich komplizierte Verrechnungsverfahren. Sie verspricht ungeachtet aller Schönrechnerei nicht im entferntesten Erlöse, die benötigt würden, um die marode Verkehrsinfrastruktur in Schuss zu halten. Ungeachtet aller berechtigten Zweifel ist aber schon davon auszugehen, dass die Ausländer-Autobahn-Abgabe trotz beträchtlicher Verwaltungskosten einen dreistelligen Millionenbetrag einbringt – Geld, das bisher für den Straßenbau nicht verfügbar war.

Die Maut „Made in Bayern“ sei fair, sinnvoll und gerecht, sagt Dobrindt. Tatsächlich ist sie ökologisch unsinnig, ungerecht und uneffektiv. Warum spielt es überhaupt keine Rolle, wie häufig jemand die Autobahn nutzt? Warum unterliegen die lästigsten Fahrzeuge auf den Autobahnen, so genannte Sprinter in der Gewichtsklasse zwischen 3,5 und 7,5 Tonnen, weder der Vignettenpflicht noch der Lkw-Maut? Und warum entschließt sich Dobrindt nicht wenigstens für ein Konzept, das sich mittelfristig zu einer intelligenten Maut ausbauen ließe?

Sinnvoll wäre eine individuelle Maut

Im Grundsatz gibt es viele Argumente, die für eine Infrastrukturabgabe sprechen. Das Straßennetz im Autoland Nummer eins ist in keinem guten Zustand. Wenn es um Investitionen geht, herrscht notorisch Geldmangel. Gewiss, Deutschlands Autofahrer zahlen schon viel für ihre Mobilität: Mineralöl-, Öko-, Kfz- und Mehrwertsteuer beim Tanken. Nur werden diese Milliardensummen längst nicht alle in Straßen investiert. Darüber zu lamentieren, hilft aber nicht gegen Staus und Schlaglöcher.

Sinnvoll wäre eine Maut, welche die gefahrenen Kilometer und die Aus- oder Überlastung der jeweils gewählten Strecke berücksichtigt. So ließe sich Verkehr auch vernünftig steuern. Zudem käme genug Geld in die Kasse, damit das deutsche Straßennetz so gut ist wie der Ruf deutscher Autos. Das populistische Versprechen, im Unterschied zu Holländern und Österreichern würden deutsche Autofahrer nicht stärker belastet, ließe sich so allerdings nicht aufrechterhalten. Deshalb traut sich keiner, ein solches Projekt anzugehen.