Die Bankenbranche braucht dringend Regeln. Doch Europas Macher verlässt beim Verfassen neuer Gesetze zu oft der Mut, analysiert EU-Korrespondent Christopher Ziedler.

Brüssel - Die Maschine arbeitet und spuckt Gesetze aus. Auch wenn viele der Staats- und Regierungschefs, die sich von Donnerstag an beim Weltwirtschaftsgipfel in St. Petersburg versammeln, verdrängt zu haben scheinen, dass sie jeden Finanzakteur und jedes Finanzprodukt Gesetzen unterwerfen wollten – die Brüsseler Bürokratie tut ihren Dienst und bereitet die Bestimmungen vor. Das jüngste Kind in der Großfamilie neuer Finanzgesetze soll nun sogenannte Schattenbanken unter die Obhut der Aufseher holen. Wer der Überzeugung ist, dass der Finanzkapitalismus noch reformierbar ist, muss auch diesen Regulierungsbaustein in Europa begrüßen.

 

Es gibt jedoch eine frustrierende Konstante bei fast allen Gesetzesprojekten, die seit dem Ausbruch der Krise vor mittlerweile fünf Jahren angepackt wurden. Es geht stets in die richtige Richtung, doch fast immer quälend langsam und in Trippelschritten, die der Größe des Problems nicht gerecht werden. Die Frage lautet eigentlich immer nur, in welchem Stadium die Ursprungsidee verwässert wird. Ringen die Brüsseler Lobbyisten der EU-Kommission schon vor der eigentlichen Gesetzesvorlage Zugeständnisse ab? Oder gelingt es erst gegenüber den Regierungen der Mitgliedstaaten, die zusammen mit dem Europaparlament am Ende die Vorlage verabschieden? Diesmal scheint es den Interessenvertretern der Finanzwirtschaft und den Regierungen aus Irland und Luxemburg bereits im Vorfeld gelungen zu sein. Ob sich die Bundesregierung im weiteren Verfahren wirklich für eine Verschärfung einsetzen wird, bleibt abzuwarten.

Vieles deutet also darauf hin, dass es auch im Fall jener Geldmarktfonds, die von der Europäischen Zentralbank als Systemrisiko eingeschätzt werden, nur zu komplizierten Regelungen mit langen Übergangsfristen statt klarer Verbote kommen wird. Die Mutlosigkeit erklärt sich aus der wechselseitigen Abhängigkeit von Finanz- und sogenannter Realwirtschaft, die in manchen EU-Staaten größer ist als in anderen. Konsequenz bleibt auf die Ideenpapiere der Experten beschränkt. So forderte die UN-Kommission zur Regulierung der Finanzmärkte einst herzerfrischend direkt, Banken alle finanziellen Aktivitäten im rechtlichen Niemandsland zu untersagen und ihnen andernfalls die Lizenz zu entziehen. Das würde auch die Länge der Gesetzentwürfe deutlich verkürzen.