Bei Umzugswagen wie der Panzerattrappe „Ilmtaler Asylabwehr“ oder einem „Balkan-Express“ mit der Aufschrift „Die Plage kommt“ wird die Karnevalsidee missbraucht. Sie sind nicht lustig – sondern schüren den Hass auf Flüchtlinge, meint StZ-Redakteur Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Der Karneval lebt von seinen Freiheiten – von Satire und Überzeichnung, von der Verkehrung der Verhältnisse. Die fünfte Jahreszeit verlöre ihren Gehalt, könnten sich die Karnevalisten nicht mehr mit bissigem Humor über die Mächtigen hermachen. Die Grenzen des guten Geschmacks sind dehnfähig – auch in Zeiten verstärkter Zuwanderung. Ein Zigeunerin-Kostüm ist keine Anspielung auf Überfremdung, und ein Kalauer über Flüchtlinge ist nicht per se rassistisch. So sind Niveau und Sensibilität des Büttenredners gefragt – was vor Tagen beim Sielminger Griebenwurstvesper in Filderstadt etwa gefehlt hat –, und Gelassenheit beim Publikum. Man muss nicht sofort die Keule politischer Korrektheit schwingen.

 

Bilder der Vergangenheit

Was meist funktioniert, ist im oberbayerischen Reichertshausen und im thüringischen Wasungen gehörig misslungen. Faschingswagen wie die Panzerattrappe „Ilmtaler Asylabwehr“ und der „Balkan-Express“ mit der Aufschrift „Die Plage kommt“ spielen mit abstoßenden Bildern der deutschen Vergangenheit und schüren Hass auf Flüchtlinge. Die Urheber haben den Vorwurf der Fremdenfeindlichkeit zurückgewiesen. Ob der Tatbestand der Volksverhetzung dennoch erfüllt ist, wird die Justiz entscheiden. Dass aber niemand die jungen Wagenbauer auf ihre Verirrungen hingewiesen hat, stimmt nachdenklich.