Die Bundesregierung hätte durch ein energisches Eingreifen verhindern können, dass die EU sich lächerlich macht. Ein Kommentar von Christopher Ziedler.

Stuttgart - Es ist etwas faul, wenn Mehrheiten nichts mehr ändern können. So geschehen am Dienstag, als in Brüssel der Weg für die Zulassung einer neuen Genmaissorte frei gemacht wurde. Das Europaparlament war dagegen, hat in dem antiquierten Prozedere namens Komitologieverfahren aber kein Mitspracherecht. Und die Mehrheit der Mitgliedstaaten war nicht groß genug, um die Maissorte 1507 des US-Konzerns Pioneer zu stoppen. Unabhängig von der oft auch ideologisch geführten Debatte über Sinn und Unsinn der grünen Gentechnik und davon, wie man selbst zu ihr steht: Es kann nicht sein, dass der Mehrheitswille nicht geachtet wird. Das kann man – auch im Blick auf die anstehende Europawahl – niemandem erklären.

 

Deutschland hätte diese europapolitische Blamage verhindern können. Aber es gab kein Machtwort der Kanzlerin. Streng nach Geschäftsordnung der Bundesregierung enthielt sie sich in Brüssel, da die Ministerien verschiedener Meinung waren. So fehlten wichtige Stimmen auf dem Weg zu einem Nein. Richtig peinlich aber wird es, wenn jemand wie CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer dann erklärt, „nicht die EU-Bürokraten aus Brüssel“ dürften bestimmen, was auf Bayerns Feldern wächst – nur Minuten nachdem die eigene Bundesregierung den Genmais quasi mit gesät hatte. Noch ein düsterer Tag für Europa.