Baden-Württembergs Justizminister Rainer Stickelberger reagiert falsch auf den Hungertoten im Bruchsaler Gefängnis. Er wiegelt ab – kommentiert StZ-Landeskorrespondent Reiner Ruf.

Stuttgart - Die Tatsache, dass sich ein Strafgefangener in einer Haftanstalt des Landes zu Tode hungert, ist im Grundsatz geeignet, den Verbleib des Justizministers im Amt in Frage zu stellen. So viel zur Dimension des Bruchsaler Falls. Minister Rainer Stickelberger erweckt bislang nicht den Eindruck, als habe er dies erkannt. Das Bekunden von Bedauern verbunden mit der Botschaft, da habe es sich eben um einen besonders schwierigen Fall gehandelt, auf den man nicht so richtig vorbereitet gewesen sei – das ist zu wenig.

 

In einer solchen Situation muss der Minister abseits der strafrechtlichen und disziplinarischen Ermittlungen klar Farbe bekennen; er darf nicht abwiegeln. Natürlich war der Mann, der in seiner Bruchsaler Einzelzelle elend zugrunde ging, ein schlimmer Finger: höchst gefährlich und sehr gewalttätig. Er war aber auch psychisch krank und behandlungsbedürftig, wie ein Psychiater bereits Anfang des Jahres festgestellt hatte. Stattdessen blieb der Häftling sich selbst überlassen, am Ende im Bett liegend und im eigenen Unrat vor sich hin vegetierend. Wenn es sich so verhält, kann man nicht mehr wie Stickelberger mit der „Selbstverantwortung des Gefangenen“ argumentieren. Der Justizvollzug gehört zum innersten Kern staatlichen Handelns. Auch und gerade dort muss sich der Rechtsstaat bewähren.