In Kliniken, die komplexe Eingriffe häufig ausführen, gibt es weniger Komplikationen. Patienten sollten vor einer OP auf die Fallzahlen achten, kommentiert Politikredakteur Willi Reiners.

Stuttgart - Wie gut sind die Krankenhäuser in meiner Nähe wirklich? Diese Frage stellt sich jeder Patient, der vor einem größeren Eingriff steht. Kann ich den Hochglanzbroschüren trauen, mit denen die Kliniken werben? Und was kann ich eigentlich auf die Empfehlungen meines Haus- oder Facharztes geben? War da nicht mal was mit Kopfprämien, die Kliniken an niedergelassene Ärzte zahlen, wenn sie Patienten gezielt einweisen?

 

Leider wird es noch einige Jahre dauern, bis die Patienten sich hierzulande selbst ein genaues Bild machen können von der Behandlungsqualität jeder einzelnen Klinik. Zwar sind die Häuser längst verpflichtet, entsprechende Daten zu wichtigen Krankheitsbildern zu melden, doch das höchst brisante Zahlenmaterial bleibt unter Verschluss. Was davon in den sogenannten Qualitätsberichten veröffentlicht wird, ist für Laien ohne medizinische und statistische Vorkenntnisse komplett ungenießbar und erlaubt insbesondere keinen direkten Vergleich zwischen Kliniken.

Im Zweifel ein Haus mit mehr Routine wählen

Allerdings: Einen zentralen Hinweis auf die zu erwartende Behandlungsqualität kann man den Berichten bereits heute entlocken – es ist die Zahl der vorgenommen Eingriffe zu einem bestimmten Krankheitsbild. Eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung zeigt jetzt: In Häusern, die komplexe Eingriffe häufig ausführen, gibt es weniger Komplikationen und Todesfälle als in Häusern mit geringen Fallzahlen.

Wer also als Patient etwa vor einer Hüft-OP steht oder vor einen Eingriff an der Prostata, der sollte sich die Fallzahlen ganz genau anschauen. Wenn solche Eingriffe nur einmal pro Monat oder noch seltener stattfinden, sollte man skeptisch sein und nachhaken – und sich im Zweifel für ein Haus mit mehr Routine entscheiden.

Kliniken werben gerne damit, was sie alles können, Chefärzte auch. Dass sie es auch können, ist damit noch nicht gesagt. Die Bertelsmann-Studie ist ein überzeugendes Plädoyer für eine entschiedene Spezialisierung im stationären Sektor. Auch wenn dies für Patienten gerade im ländlichen Raum bei planbaren Eingriffen längere Anfahrten bedeutet und womöglich weniger Besuch am Krankenbett durch Familie und Freunde – am Ende geht es darum, dass die neue Hüfte oder das neue Knie sitzt und nicht noch einmal operiert werden muss.