Bund und Länder beraten derzeit, wie die Finanzierung der Krankenhäuser gesichert werden kann. Eine Reform ist nötig und wird den Wettbewerb stärken, kommentiert der StZ-Redakteur Christoph Link.

Stuttgart - Der Verlust eines Krankenhauses wird von vielen Städten und Gemeinden als ebenso dramatisch empfunden wie die Schließung des Rathauses oder der Feuerwache, denn mit der Klinik verbinden Kommunen oft Prestige, ein urbanes Lebensgefühl und Wohnqualität. Insofern ist es verständlich, wenn Landespolitiker aller parteipolitischen Couleur – etwa die baden-württembergische Sozialministerin Katrin Altpeter (SPD) oder der Berliner Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) – angesichts einer anstehenden Krankenhausreform jetzt unisono rufen: Bettenabbau ja, aber bitte nicht bei uns!

 

Am Mittwoch haben sich die Gesundheitsminister von Bund und Ländern zusammengesetzt, um über die Reform der Krankenhausfinanzierung zu beraten. Bis Ende des Jahres soll ein Konzept stehen, denn der Handlungsdruck ist groß. Die 2000 deutschen Kliniken sind in Turbulenzen geraten. Jede zweite schreibt rote Zahlen. Zufrieden ist keiner: Die Krankenhausbetreiber stöhnen über ihre Defizite. Die Krankenkassen jammern über die dramatisch gestiegenen Kosten – jeder dritte Euro aus ihrem Budget fließt mittlerweile in den stationären Sektor. Und das Personal wiederum klagt über die hohe Belastung. Das System ist aus dem Tritt geraten.

Die privaten Träger sind auf dem Vormarsch

Hinzu kommt ein struktureller Wandel: Die Krankenhäuser in öffentlicher oder kirchlicher Trägerschaft sind auf dem Rückzug, die privaten Klinikverbünde nehmen zu. Im Februar hat der Fresenius-Konzern die Zustimmung des Kartellamtes zum Kauf weiterer Kliniken erhalten – mit mehr als 110 Krankenhäusern ist die Fresenius-Tochter Helios nun Europas größter Klinikbetreiber. Die privaten Träger können sich leichter Geld auf dem Kapitalmarkt beschaffen als öffentliche. Aber macht das alleine ihren Erfolg aus?

Die Krankenhäuser leiden seit Jahren darunter, dass die Länder ihrer Pflicht nicht nachkommen und die Finanzierung der Investitionskosten zurückgefahren haben. Zum Teil zwacken die Hospitäler aus ihrem Budget für die laufenden Betriebskosten Gelder ab, um notwendige Anschaffungen zu finanzieren – das ist ein ökonomisches Unding zulasten des Personals. Zum anderen übernehmen sich Krankenhäuser. Sie wollen möglichst viele Leistungen anbieten. Selbst auf dem flachen Land prahlen kleine Hospitäler damit, dass sie schwierige Knie- oder Hüftgelenksoperationen durchführen.

Müssen alle Hospitäler wirklich alles machen?

Überdies liefern sich viele öffentlichen Kliniken ein Wettrüsten in der Apparatemedizin. Es kann vorkommen, dass sich in einem Landkreis gleich mehrere Krankenhäuser beispielsweise einen teuren Linksherzkatheter-Messplatz (für 1,4 Millionen Euro) zulegen. Der ist kostspielig, aber kaum ausgelastet.

Die von der großen Koalition avisierte Reform zielt darauf ab, das Qualitätsdenken stärker bei der Planung zu berücksichtigen. Das wird die Auslese unter den Krankenhäusern fördern. Krankenkassen sollen – zunächst im Modellversuch – mit leistungsstarken Häusern Einzelverträge schließen dürfen. Die schwachen dürften da auf der Strecke bleiben. Aber müssen denn wirklich alle Hospitäler alles machen? Mit einer Spezialisierung – das kann man von privaten Kliniken lernen – lässt sich die Qualität steigern, und es lassen sich Gewinne erzielen. Qualität ist ein allgemeiner Begriff, aber aus dem Klinikjargon übersetzt gewinnt er an Schärfe: Er beschreibt die Mortalitäts- und Komplikationsrate nach einem Eingriff, er enthält auch die Zufriedenheit des Patienten. Hier vergleichbare Kriterien zu entwickeln wird noch eine große Aufgabe sein. Die wohnortnahe Grundversorgung durch Krankenhäuser muss gewährleistet sein, aber bei planbaren Operationen werden sich die Bürger auf längere Wege einstellen müssen. Sie werden dorthin gehen, wo die beste Medizin stattfindet. Das ist wirtschaftlich sinnvoll – und dient der Gesundheit.