US-Präsident Barack Obama will härter gegen die Terrormilizen des Islamischen Staates vorgehen. Das Ziel ist zwar richtig, doch die Strategie birgt ein großes Risiko, kommentiert der USA-Korrespondent der StZ, Damir Fras.

Washington - Ausgerechnet Barack Obama, der die Kriege der USA doch beenden wollte, schickt sein Land in einen neuen Krieg. Vergleiche zu seinem Amtsvorgänger George W. Bush drängen sich  auf, und sie hinken ausnahmsweise nicht einmal. So wie Obama von Bush nicht beendete Kriege geerbt hat, wird auch er einen nicht beendeten Krieg an seinen Nachfolger übergeben. Der größte Wunsch des ersten schwarzen US-Präsidenten wird sich nicht erfüllen. Obama wird nicht als der Versöhner, der er sein wollte, in die Geschichte eingehen, sondern als Feldherr. Bushs Einmarsch in den Irak, der auf einem beispiellosen Lügenkonstrukt gründete, war ein dummer Krieg, wie Obama richtig sagt. Doch ob seine eigene Strategie gegen die Terrormiliz des sogenannten Islamischen Staates sich als klug erweisen wird, ist längst nicht ausgemacht.  Die Gefahr ist groß, dass es in der Katastrophenregion nur noch schlimmer kommen wird.

 

Obamas Ziel ist richtig. Niemand wird ernsthaft bezweifeln können, dass die IS-Terroristen eine widerwärtige Bande von gewissenlosen Schlächtern bilden, die Allmachtsfantasien ausleben und Verbrechen gegen die Menschlichkeit verüben. Wer so auftritt, kann nicht auf Gnade hoffen. Doch der Blick auf den Anti-Terror-Kampf, wie ihn die USA seit den Anschlägen vom 11. September 2001 führen, lässt nichts Gutes erahnen. Es waren in diesen 13 Jahren zwar Erfolge zu vermelden. Sie waren jedoch vor allem symbolischer Art. Osama bin Laden wurde zwar getötet, doch sein Terrornetzwerk Al Kaida lebt weiter. Die Taliban in Afghanistan wurden zunächst vertrieben, doch heute sind sie wieder obenauf. Muammar al-Gaddafi wurde erschossen, doch das Chaos in Libyen begann danach erst so richtig. Auch die Ägypter stürzten bei ihrer Revolution erst ihren Herrscher, um einige Jahre später wieder einem ähnlichen Despoten aufzusitzen.

Obama war lange zu passiv

So verhält es sich auch mit dem Irak-Krieg, betrieben von Obamas Vorgänger Bush. Der US-Einmarsch hat das Land destabilisiert und ermöglicht, dass sich eine Bande wie der IS festsetzen konnte. Und schließlich Syrien, wo der Bürgerkrieg nicht nur bereits 200 000 Menschen das Leben gekostet, sondern die Terrormiliz erst hervorgebracht hat. Das alles hat nicht Obama angerichtet.  Aber er war zu passiv und hat das Problem zu lange als nachrangig betrachtet. Dass er die gemäßigte Opposition in Syrien nicht stärker unterstützt hat, als es noch eine gemäßigte Opposition gab, war ein Fehler und lässt sich nur mit der Zögerlichkeit erklären, mit der Obama Außenpolitik betreibt.

Doch damit soll es nun vorbei sein. Jetzt muss alles schnell gehen. Nach der Enthauptung zweier US-Journalisten durch IS-Terroristen hat Obama jetzt sogar Luftangriffe auf Stellungen in Syrien im Sinn. Plötzlich soll es auch kein Problem mehr sein, dass dadurch das Assad-Regime indirekt unterstützt würde. Obamas Strategie ist geradezu von Wunschdenken durchwirkt. Das belegt vor allem seine Idee, im Irak und in Syrien ähnlich vorgehen zu wollen wie im Jemen und in Somalia. Dort lassen die Amerikaner Drohnen gegen regionale Al-Kaida-Ableger fliegen, und die Soldaten dieser Staaten müssen auf dem Boden gegen die Terroristen kämpfen. Das sei ein Erfolg, sagt Obama. Er ist womöglich der einzige, der das so sieht. Jedenfalls ist nicht bekannt, dass Al- Kaida von der arabischen Halbinsel und aus Ostafrika verschwunden ist. Außerdem ist die Gefahr, die von dem IS ausgeht, viel größer.

Selbst wenn eine internationale Koalition der Willigen unter Führung der USA zustande käme, selbst wenn Staaten wie Saudi-Arabien und die Türkei mitmachten, lässt sich eines  doch bereits sagen: Der Einsatz des Militärs wird die Terrorgruppe schwächen, vernichten wird er sie nicht. Auch die Grundlage für den Terrorismus wird damit nicht beseitigt.