Die Weltgemeinschaft findet keinen Weg zum eigenen Palästinenserstaat. Für die aktuelle missliche Situation gibt es einen Schuldigen.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Tel Aviv/New York - Was bringt der Tag danach? Frieden? Nein. Krieg? Vielleicht. Enttäuschung? Ja, denn eine schnelle Lösung kann es nicht geben. Seit Wochen läuft die Maschinerie der internationalen Krisenprävention auf Hochtouren, um diesen Tag zu meistern - den Tag, an dem die Palästinenser 194. Mitglied der Vereinten Nationen werden wollen. Und - was selten ist in der Geschichte der Nahostdiplomatie - der Schuldige an dieser misslichen Situation kann klar benannt werden: Barack Obama.

 

In einer an Naivität grenzenden Leichtsinnigkeit wagte der US-Präsident sich vor einem Jahr in einer Rede vor den UN auf dieses verminte Gelände. Er könne sich vorstellen, dass die Palästinenser in zwölf Monaten in einem eigenen Staat leben, verkündete Obama damals.

Wahrscheinlich hat der mächtigste Mann der Welt tatsächlich an die Wirkung seiner Worte geglaubt - aber nicht zum ersten Mal zerschellten seine Visionen an der harten Realität. Zum einen hatte er nicht mit der Unverfrorenheit des israelischen Premiers Benjamin Netanjahu gerechnet. Dieser ignorierte den Wunsch aus Washington und ließ in den besetzten Gebieten Tausende von neuen Wohnungen bauen, die nun einer Lösung des Konfliktes zusätzlich im Wege stehen. Aber auch im eigenen Land blies dem Präsidenten aus dem Lager der Republikaner ein rauer Wind ins Gesicht.

EU könnte Vermittlerrolle im Nahen Osten übernehmen

Da Obama, der nächstes Jahr wieder ins Weiße Haus gewählt werden will, als Verteidiger Israels mehr Stimmen einsammeln kann denn als Freund der Araber, setzte er zu einer atemberaubenden Wende an. Inzwischen droht Obama den Palästinensern sogar, die finanzielle Unterstützung zu streichen, sollten sie seine Worte von einst wirklich ernst nehmen.

Damit haben sich die USA als Vermittler im Nahen Osten ins Abseits katapultiert. Das wäre die Gelegenheit für die EU, dieses diplomatische Vakuum zu füllen. Doch bieten auch die Europäer ein Trauerspiel. Zwischen Befürwortern und Gegnern einer Aufnahme der Palästinenser als UN-Vollmitglied war keine wirkliche Verständigung möglich. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hatte sich sehr früh darauf festgelegt, dass Berlin gegen das Projekt stimmen werde. Im Lager der Befürworter wirbelt der Franzose Nicolas Sarkozy, der sich nach "seinem Sieg" im Libyenkrieg als der natürliche Anführer der Europäer im arabischen Raum fühlt.

"Beobachterstatus" für Palästinenser

Allerdings hat der Plan des französischen Präsidenten, den er nun auf der UN-Versammlung in New York präsentierte, großen Charme. Er will den Palästinensern vorerst einen "Beobachterstatus" geben, dann sollen sie mit Israel im Rahmen eines genau festgelegten Zeitplans Verhandlungen über die Grenzen eines Staates beginnen, die schließlich in den kommenden zwölf Monaten in einen Friedensvertrag münden sollen.

Es wäre sehr klug von den Palästinensern, diese Kompromisslösung aufzugreifen. Sie bewiesen damit, dass sie verhandlungsbereit sind, und erhöhten den politischen Druck auf Israel weiter, dessen Regierung bisher wenig Interesse an einer Lösung des Konflikts gezeigt hat.

Durch weniger Vermittler mehr Verantwortung bei den Akteuren

Die internationale Staatengemeinschaft kann allerdings nur die Leitplanken auf dem schwierigen Weg in Richtung Frieden liefern - daran entlanggehen müssen die beiden Konfliktparteien alleine. Dabei liegt eine große Last auf den Verhandlungspartnern. Die Auseinandersetzung zwischen Israelis und Palästinensern ist inzwischen nur noch einer von vielen Krisenschauplätzen in der Region.

Die USA haben dort an politischem Gewicht verloren, Israel ist zunehmend isoliert. In der Vergangenheit haben Ägypten, Jordanien und auch die Türkei immer wieder mäßigend auf beide Seiten eingewirkt - diese Vermittler sind weggefallen. Noch nie lag so viel Verantwortung auf den Schultern der Akteure im Nahen Osten. Versagen sie, könnte das der Funke an der Lunte zu einem Pulverfass sein.