Die Möglichkeit eines kurzfristigen achtprozentigen Nachschlags bei Pauschalreisen ist ordnungspolitisch nicht zu begründen – sondern nur mit Kompromisszwängen in der EU, meint Berlin-Korrespondent Norbert Wallet.

Berlin - Wenn eine Familie, die sich ein Jahr lang den Sommerurlaub von ihrem Budget abgespart hat, knapp drei Wochen vor Antritt der Reise erfährt, dass ihr Pauschaltrip nicht mehr 3000 Euro kostet, sondern plötzlich 3240 Euro, dann ist das keine Kleinigkeit. Zumal so kurz vor dem Urlaubsstart kaum eine gleichwertige Alternative mehr zu beschaffen sein dürfte. Akzeptieren oder daheim bleiben ist dann die Frage. Insofern ist diese Möglichkeit einer achtprozentigen Preiserhöhung seitens des Reiseveranstalters keineswegs ein kleines Detail der Reform des Pauschalreise-Rechts, auch wenn das Bundesjustizministerium das so sehen mag. Da hilft auch nicht der Hinweis darauf, dass der Veranstalter nicht willkürlich, sondern nur aus präzise festgelegten Gründen erhöhen darf.

 

Kosten sollen auf den Verbraucher abgewälzt werden

Gestiegene Flughafengebühren, teurer gewordenes Kerosin oder Schwankungen des Wechselkurses – das sind alles Faktoren, die zum ganz normalen unternehmerischen Risiko gehören, das hier auf den Verbraucher abgewälzt werden soll. Das ist eine schwer zu begründete Bevorzugung einer einzelnen Branche. Ein bestellter Pkw wird auch nicht teurer, weil seit der Bestellung die Rohstahlpreise gestiegen sind. Und man wird schwerlich argumentieren können, dass eine unerwartet gestiegene Hafengebühr den Wegfall der Geschäftsgrundlage eines bereits geschlossenen Vertrages begründete.

Ordnungspolitisch ist diese Sonderklausel also nie und nimmer zu rechtfertigen. Die Bundesregierung täte gut daran, das gar nicht erst zu versuchen. Sie kann nur ehrlich – und durchaus nachvollziehbar – darauf hinweisen, dass hier ein schwieriger Konsens innerhalb der EU zu finden war und die acht Prozent eben einen Kompromiss darstellen. Was aber wieder die Nachfrage verursacht, warum sich die EU überhaupt um diese Frage zu kümmern hat. Die lässt sich zwar beantworten: Die Reisebranche operiert, durchaus zum Nutzen der Verbraucher, längst grenzenlos. Also braucht sie einheitliche Standards. Aber für die Familie, die nun 240 Euro mehr berappen muss, ist das kein Trost.