Petra Hinz, SPD-Abgeordnete mit gefälschtem Lebenslauf, mag ihr Mandat bisher nicht abgeben. So erwägen die Genossen noch immer, sie aus der Bundestagsfraktion auszuschließen. Dieses Vorhaben ist zum Scheitern verurteilt, denn die gesetzlichen Hürden sind sehr hoch, meint Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Es ist das Dilemma der SPD, dass sie die Brisanz des Falles Petra Hinz zu spät erkannt hat – und jetzt keinen Ausweg sieht. So wird ihre gefälschte Vita als Betrug am Wähler zum Problem für die ganze Partei. Nachdem Hinz bisher lediglich ihre Parteiämter niederlegen will, auf die ultimative Aufforderung des Essener Unterbezirks zur Mandatsaufgabe aber nicht reagiert hat, soll die Bundestagsfraktion Anfang September über einen Ausschluss beraten. So droht der SPD ein unrühmliches Sommerlochthema.

 

Eine Lösung ist wohl nur im direkten Kontakt möglich

Abgeordnete sollten Vorbilder sein, insofern wäre die Möchtegern-Juristin im Bundestag fehl am Platz. Warum sollte sie noch all die Privilegien genießen? Moralisch überhöhen muss man den Fall aber auch nicht – in der Wirtschaft zum Beispiel erhalten Verantwortliche nach schweren Verfehlungen noch hohe Boni. Weiterhin einen Ausschluss zu betreiben, wäre allerdings ein Irrweg. Der Gesetzgeber hat die Hürden dafür aus gutem Grund sehr hoch gesetzt, so dass die Bedingungen des Bundeswahlgesetzes hier nicht erfüllt werden. Da ist es einfacher, sich mit Hinz direkt zu verständigen. Immerhin hatte sie selbst schon angekündigt, ihr Mandat aufzugeben. Ähnliches gilt für das Parteiordnungsverfahren: Die Frau aus der SPD werfen zu wollen, wäre unverhältnismäßig und würde nur weiteren Kollateralschaden nach sich ziehen. Zudem zeigen die Erfahrungen aus der Vergangenheit: In diversen prominenten Fällen haben die Genossen damit Schiffbruch erlitten. Daraus gilt es zu lernen.

Warnungen gab es längst

Alle Parteien sollten aus der Affäre die Konsequenz ziehen, genauer hinzuschauen, wen sie als Volksvertreter aufstellen. Sonst drängt sich der Verdacht auf, dass da lauter Narzissten im Parlament sitzen, die wenig voneinander wissen wollen. Bei der SPD hätten die Alarmglocken allemal lauter läuten können, denn Gerüchte über die berufliche Qualifikation und Hinweise auf den skandalösen Umgang von Hinz mit ihren Mitarbeitern hatten in der Fraktion längst die Runde gemacht. Es wurde nichts unternommen.

matthias.schiermeyer@stzn.de