Auf der Krim wird der Anschluss an Russland vorangetrieben. Der Kreml überreizt damit sein Blatt und ignoriert gekonnt Völkerrechte, Diplomatie und globale Wirtschaftsinteressen, meint der StZ-Redakteur Dieter Fuchs.

Seite Drei: Dieter Fuchs (fu)

Stuttgart - Lässt man für einen Augenblick das Völkerrecht beiseite, ignoriert die guten Gepflogenheiten der Diplomatie und die Interessen einer globalisierten Wirtschaft – allein den Gesetzen der Machtpolitik zufolge hat Wladimir Putin seine Sache bisher erfolgreich gemacht. Sein schnelles, entschlossenes Handeln, kombiniert mit einer guten Portion Doppelbödigkeit, lassen dem Westen wenig Handlungsspielraum. Nun aber deutet einiges darauf hin, dass er den Bogen überspannt. Sollte die Russische Föderation die Krim nach einem Referendum aufnehmen, würden die politischen Kosten für Russland den Nutzen deutlich übersteigen.

 

Putin hat die Krim de facto unter seine Kontrolle gebracht. Damit konnte er bisher bei allen nationalistisch gesinnten Russen innerhalb und außerhalb der Landesgrenzen punkten. Er hält damit nicht nur die ukrainische Regierung im Würgegriff, sondern sendet auch eindeutige Signale an andere Anrainerstaaten, etwa Moldawien. Doch wenn die Krim russisch wird, wird sich das politische Weltklima auf Dauer abkühlen. Auch Russland braucht den globalen Wirtschaftsverkehr und kann sich eine mögliche internationale Wiederaufrüstung nicht leisten. Das Land ist nicht stark genug für einen neuen Kalten Krieg. Die Frage ist, ob Putin sich verzockt oder ob er den Bezug zur Realität verloren hat.