Nicht nur arme Haushalte sollten bei Strompreiserhöhungen entlastet werden, denn mittlerweile belasten die auch viele Familien mit ordentlichem Einkommen. Die Politik ist gefordert, meint Thomas Faltin.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Die Zahl der Wutanfälle hat in Deutschland in den vergangenen Jahren in exorbitanter Weise zugenommen – solche Zornesausbrüche ereignen sich in auffallender Häufung an Tankstellen, in Versicherungsbüros oder zu Hause beim Öffnen der Stromrechnung. Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) beispielsweise hat zum Jahresanfang ihren Strom um mehr als zehn Prozent verteuert. Zehn Prozent! Wie paradiesisch wäre es, wenn man nur halb so viel als Lohnerhöhung erhalten würde.

 

Nicht nur die Menschen, die mit wenig Geld auskommen müssen, stoßen allmählich an Grenzen. Die steigenden Preise für Strom und Öl, für Steuern und Benzin fressen manches Notpolster weg, und auch die ordentlich verdienenden Familien müssen sich langsam überlegen, in welchen Bereichen sie Abstriche machen könnten. Urlaub? Dieses Jahr muss der Zeltplatz am Bodensee reichen.

Familien mit Kinder dürfte der Strom nicht abgestellt werden

Insofern ist es sicher richtig, dass die Stuttgarter SPD und die Sozialverbände auf die Stromprobleme der Hartz-IV-Empfänger hinweisen – diese Menschen sind in besonderem Maße betroffen. Ein Sozialtarif könnte ein Ausweg sein. Ganz grundsätzlich sollten sich die großen Energieversorger ihrer sozialen Verantwortung bewusst werden. Die EnBW ist heute quasi wieder ein öffentliches Unternehmen: Wie kann es da sein, dass Familien mit Kindern mitten im Winter der Strom abgestellt wird?

Allerdings greifen die Maßnahmen zu kurz, wenn nur Hartz-IV-Empfänger entlastet werden. Die Politik muss vielmehr grundsätzlich dafür sorgen, dass die Strompreise nicht ins Unendliche steigen. Zu Recht weist die EnBW darauf hin, dass ein Großteil der letzten Erhöhung auf gesetzliche Auflagen und Steuern zurückzuführen war. Und zu Recht kann man sich fragen, warum energieintensive Unternehmen von der EEG-Umlage verschont werden, was den Preis für die Privatbürger erhöht.

Doch das sind Veränderungen, die können nicht in Stuttgart entschieden werden. Dennoch: die neuen Stadtwerke Stuttgart könnten mit einem Sozialtarif gleich mal Profil – und Solidarität – zeigen.