Das Volk ist zwar für den Tiefbahnhof, aber das Projekt hat limitierende Faktoren, meint der StZ-Redakteur Jörg Nauke.

Stuttgart - Stuttgart 21 ist seit dem 27. November aus politischer Sicht in trockenen Tüchern. Die Mehrheit des Volkes hat sich durch das Nein zum Ausstieg aus dem Milliardenprojekt mittelbar für den Umbau des Hauptbahnhofes ausgesprochen – samt der damit verbundenen Konsequenzen. Man darf unterstellen, dass die Bürger sich im Klaren darüber waren, dass die Parteien im Wahlkampf zugespitzt haben. Und deshalb ist die Bahn abschließend legitimiert, den Bau voranzutreiben, also etwa auch den Südflügel zu schleifen und Bäume abzuholzen. Der Sieg bei der Volksabstimmung ist allerdings kein Freibrief.

 

Zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof in Sachen Grundwassermanagement Versäumnisse beim Arten- und Naturschutz moniert. Und das sollte der Bahn, aber auch den politischen Entscheidungsträgern im Land, eine Lehre sein beim weiteren Umgang mit den Bäumen, die der Tiefstation im Weg stehen. Der Schlichterspruch gibt dabei den Rahmen vor. Sich an diesen zu halten, war zunächst eine Forderung der Bahn. Und es waren die Stuttgart-21-Befürworter, die ein „Ja zur Schlichtung“ plakatiert haben. Diesen Maßstab auch bei der aktuellen Debatte anzulegen, ist deshalb nur selbstverständlich. Erst dann kann man über sinnvolle Kompromisse reden, das Bürgerforum im Rathaus könnte gestern ein Anfang gewesen sein.

Unabhängig davon liegt das Risiko von Stuttgart 21 vor allem bei den Kosten. Es ist pikant, dass die neue Kalkulation der Bahn kurz nach der Volksabstimmung vorgelegt wird. Addiert man alle bekannten Aufwendungen und relativiert die Chancen, rückt die Obergrenze immer näher. Die Legitimation des Volkes hilft da nicht weiter.