Der Schwarze Donnerstag hätte verhindert werden können. Das zeigen die Strafbefehle, die nun auf die Ermittlungen zu dem aus dem Ruder gelaufenen Polizeieinsatz gegen Stuttgart-21-Gegner folgten, meint die StZ-Redakteurin Christine Bilger.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Sind die Strafbefehle gegen die Polizisten nun milde oder hart? Dass die Opfer die beschuldigten Beamten am liebsten des Dienstes enthoben gesehen hätten, ist klar. Aus deren Sicht sind die drei Polizisten, die vorbestraft sind, so es bei der Höhe der Strafbefehle bleibt, zu gut weggekommen. Anders sieht es aus, wenn man danach fragt, welcher Beamte wie viel Verantwortung getragen hat – und für wen der Einsatz bisher ohne Folgen geblieben ist. So wurde das Verfahren gegen den damaligen Polizeipräsidenten Stumpf, der die Gesamtverantwortung trug, im vergangenen Herbst eingestellt. Getroffen hat die Strafe nun Polizisten, die Befehle empfangen und ausgeführt haben. Aus dieser Perspektive sieht das, was die Opfer milde nennen, hart aus, auch wenn das Gericht das Fehlverhalten der Beamten als erwiesen ansieht.

 

Das ist aber nur ein Aspekt des Verfahrens, das insgesamt noch nicht abgeschlossen ist; es stehen noch die Verhandlungen gegen zwei höhere Beamte am Landgericht aus. Die Einstellung des Verfahrens gegen einen Rohrführer setzt ein deutliches Signal. Er hatte während des Einsatzes die Gefahr erkannt, dass Menschen verletzt werden könnten. Zwar hat er die Befehle ausgeführt. Die Tatsache, dass er seine Zweifel äußerte, hat ihn nun vor einer härteren Strafe bewahrt. Die Moral dieser Bewertung: Ein Umdenken während des Einsatzes wäre möglich und richtig gewesen; das steht bei der Verfahrenseinstellung gegen ihn deutlich zwischen den Zeilen.

Unbefriedigend ist die unsäglich lange Verfahrensdauer. Demnächst jährt sich der Schwarze Donnerstag zum dritten Mal, und sowohl das Amtsgericht als auch das Landgericht müssen immer noch verhandeln. Das zerrt an den Nerven aller Beteiligten.