Stuttgart - Das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 steht vor großen Aufgaben, wenn es im Streit um die umstrittene Grundwasserentnahme gut argumentieren und in der Stresstest-Frage deutlich Kante zeigen will. Die Rückendeckung Tausender friedlicher Projektgegner hätte all jenen geholfen, die sich sachlich mit dem Projekt beschäftigen. Die Aktion nach der montäglichen Demonstration ist dagegen ein Schlag ins Gesicht des ebenso friedliebenden wie legitimen Widerstands gegen das umstrittene Milliardenprojekt. Unzählige Wutbürger haben sich im Schutz der Masse nicht mehr um Recht und Gesetz geschert, sondern eine Baustelle gewaltsam gestürmt sowie jede Menge Material zerstört und mitgehen lassen. Noch schlimmer: Die Polizei ist für ihre Deeskalationsstrategie bestraft worden. In Anbetracht des Umstands, dass neun Beamte die Nacht im Krankenhaus verbringen mussten, erscheint die Bewertung des Parkschützersprechers Matthias von Herrmann, es habe „gelöste Feierabendstimmung geherrscht“, zynisch und absolut inakzeptabel. Man musste sich gestern schon über den Großteil der Protestgemeinde wundern: Sie hat dem Denkmalpfleger Norbert Bongartz, der sich in seiner Ansprache sachlich-kritisch mit den Baumaßnahmen auseinander setzte, buchstäblich den Rücken gekehrt – nur um mit Bierdosen schwenkenden Aktivisten zuzujubeln, die von einem geenterten Gebäudedach krakeelten. Mit dieser Entscheidung hat der Widerstand viel Kredit verspielt.