Die Volksabstimmung kommt, und das grün-rote Bündnis muss zeigen, ob es eine neue politische Kultur einführen kann, sagt StZ-Redakteur Reiner Ruf.

Stuttgart - Claus Schmiedel, der SPD-Vormann im Stuttgarter Landtag, hat am Freitag frenetischen Beifall für seine Rede zu Stuttgart 21 erhalten, nicht nur von seinen eigenen Leuten, sondern auch - von CDU und FDP. Bei den Grünen zuckte nicht einmal der kleine Finger. Diese Szene ist entgegen manchem Getuschel kein Vorbote für eine Große Koalition. Beide Regierungsparteien sind aufeinander verwiesen. Grüne und CDU - das geht derzeit gar nicht. Die SPD aber würde es nach einem Seitenwechsel mit einem allerletzten Knall innerlich zerreißen.

 

Die Volksabstimmung kommt, und das grün-rote Bündnis muss nun zeigen, ob es seinen Anspruch auf eine neue politische Kultur einlösen kann. Das geht nicht, indem die Kampagne zur Volksabstimmung der Parteipolitik entzogen wird, wie Schmiedel das gern hätte, weil er den Parteienstreit zwischen SPD und Grünen fürchtet. Die Parteien sollen auf die Seite treten? Nein, gerade weil sie schon seit vielen Jahren sehr dezidierte Positionen in diesem Streit bezogen haben, sollen sie diese vor den Bürgern begründen. Alles andere käme einer Selbstaufgabe gleich. Eine Trennung in vermeintlich unpolitische Sachfragen und parteipolitische Auseinandersetzungen schadet der Demokratie. Dass die SPD zugleich für und gegen Stuttgart 21 ist, dafür können die anderen Parteien nichts.