Die Erörterung wird für die Bahn zu einem Desaster. Schuld daran ist – sie selbst. An den von der Bahn propagierten Fertigstellungstermin von Stuttgart 21 – Dezember – 2021 glauben mittlerweile wohl nur noch die größten Optimisten, kommentiert Thomas Durchdenwald.

Stuttgart - Wer Erörterungsverhandlungen öfter beobachtet, weiß von dem ungleichen Verhältnis. Auf der einen Seite sind die Experten desjenigen, der das Projekt betreibt – hauptamtlich und gut bezahlt. Auf der anderen sitzen die betroffenen Bürger, deren Empörung groß ist, die den Experten aber in Fachfragen zumeist unterlegen sind. Bei der Erörterungsverhandlung zum S-21-Filderbereich ist ein anderes Kräfteverhältnis zu beobachten.

 

Zwar ist die Empörung der S-21-Kritiker weiterhin groß; sie paart sich aber mit Fachkunde und Sachverstand eigener Gutachter, die die Experten der Bahn Tag um Tag in die Defensive drängen. Dass der Versammlungsleiter des Regierungspräsidiums am Dienstag erstmals andeutete, dass eine weitere Erörterung nötig sein könnte, verfestigt den miserablen Eindruck, den die Bahn inhaltlich abgibt.

Die Erörterung geht zunächst weiter

Dazu gehört – erstens – die Lärmproblematik für die Anwohner der Gleistrasse durch Leinfelden-Echterdingen – zuerst lehnt die Bahn jedes Entgegenkommen ab, Tage später schwenkt sie auf eine Kompromisslinie ein. Und – zweitens – das Brandschutzkonzept der Bahn überzeugt den Kreisbrandmeister und die Stadt Leinfelden-Echterdingen nicht. Drittens: im Streit um den Mischbetrieb verhindert die Bahn eine Klärung, weil sie dem Gutachter keinen aktuellen Fahrplan liefert – und will nun mit dem Experten zusammenarbeiten.

Das klingt nicht nur wie ein planerisches Debakel, für das „bestgeplante Projekt“ ist das ein Offenbarungseid in aller Öffentlichkeit – zumal viele der nun diskutierten Probleme aus der Schlichtung und dem Filderdialog längst bekannt sind. Dass die Bahn daraus keine Schlüsse gezogen hat und mit einer aus dem Jahr 2002 stammenden Planung in die Erörterung geht, als ob in der Zwischenzeit nichts geschehen wäre, ist mehr als fahrlässig. Dieses Versäumnis holt sie nun mit aller Wucht ein.

Die Erörterung geht zunächst weiter. Doch auch wenn sich die Bahn in unschöner Tradition bedeckt hält, was die Folgen des Debakels vom Dienstag angeht, an den propagierten Fertigstellungstermin Dezember 2021 glauben mittlerweile wohl nur noch die größten Optimisten.