Trotz des Rücktritts als Vorsitzender des VW-Aufsichtsrats behält Ferdinand Piech erheblichen Einfluss – als maßgebliche Figur im Kreis der Eigentümer. Ein Kommentar von Michael Heller.

Stuttgart - Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil hat Recht. Der Rücktritt des VW-Aufsichtsratsvorsitzenden Ferdinand Piech war unausweichlich. So wie der Patriarch in den zurückliegenden zwei Wochen Personalpolitik bei dem demnächst vielleicht größten Autohersteller der Welt gemacht hat, geht es einfach nicht. Auch ein Mann, der sich in hohem Maße um den Konzern verdient gemacht hat, darf nicht mit ein paar wohlgesetzten, teilweise kryptisch anmutenden Sätzen einfach die Machtverhältnisse verschieben wollen. Der Unmut im Präsidium des Aufsichtsrats war schon seit Tagen nicht mehr zu überhören.

 

Mit seinem neuerlichen Vorstoß gegen Vorstandschef Martin Winterkorn, nur wenige Tage nach einer Vertrauenserklärung des Präsidiums, hat Piech das Fass zum Überlaufen gebracht. Da konnte ihm auch ein spätes Dementi – ob ehrlich gemeint oder nicht – das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden nicht mehr retten.

Die Entscheidung vom Samstagabend stellt fraglos eine Zäsur in der Geschichte von Volkswagen dar. Ob damit freilich die Ära Piech endgültig zu Ende gegangen ist, steht noch lange nicht fest. Denn Piech spielt in dem Konzern eine weit größere Rolle, als es dem Chef eines Kontrollgremiums üblicherweise zukommt: Er ist Miteigentümer. Volkswagen, dieser einst vom Staat gegründete Autobauer, ist mittlerweile ein Unternehmen, in dem die Familien Porsche und Piech die Mehrheit haben. Aus dieser Position wird Piech auch künftig erhebliche Macht beziehen, gleichgültig ob er im Aufsichtsrat sitzt oder nicht.

Das wird die Lösung der Führungsprobleme bei VW nicht gerade erleichtern. Eigentlich wäre es naheliegend, wenn nun Vorstandschef Martin Winterkorn, der immerhin bald schon 68 Jahre alt wird, doch den Aufsichtsratsvorsitz übernimmt. Wer sonst sollte dieses wichtige Amt übernehmen? Da ist gegenwärtig kein geeigneter Kandidat zu erkennen. Im Vorstand wäre Winterkorn natürlich nur schwer zu ersetzen, aber mit Porsche-Chef Matthias Müller stünde ein möglicher Nachfolger bereit. Aber Piech wollte seinen Ziehsohn Winterkorn, aus welchen Gründen auch immer, zuletzt nicht mehr auf dem Posten des Chefkontrolleurs haben. Und das kann er weiterhin verhindern. Piech ist schon oft zu früh abgeschrieben worden. Vielleicht auch diesmal.